Zu Gast bei den Bukovskás

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Zdenka Beckers Familiengeschichte erzählt viel, verdichtet aber wenig.

Zdenka Beckers Familiengeschichte "Die Töchter der Reza Bukovsk" ist ein Buch von Frauenschicksalen in der Zeit von 1973 bis 2003. Die Mutter Reza Bukovská dominiert das Leben ihrer drei Töchter Iris, Jasmin und Kamila. Weiters treten auf: Eva, eine Art vierte Tochter, die, von der eigenen Mutter vernachlässigt, bei den Bukovskás aufwächst und Jozefa, die ältere Schwester von Reza. Männer scheinen nur in Nebenrollen auf, als Ehemänner, Liebhaber, Großväter oder Vorgesetzte.

Hauptschauplatz ist die ehemalige Tschechoslowakei, Nebenschauplätze sind Wien und Chikago sowie kleinere Städte in deren näherer Umgebung.

Beziehung im Geheimen

Reza Bukovská ist eine Braut zweiter Wahl. Tino, ihr späterer Ehemann, war in ihre ältere Schwester Jozefa verliebt, doch als er sie bei seinem nächsten Fronturlaub nicht vorfindet - Jozefas Eltern hatten sie vorsorglich weggeschickt - lässt er sich mit Reza ein, die prompt von ihm schwanger wird, so dass er sie heiraten muss. Die Beziehung zwischen Tino und Jozefa jedoch erkaltet nicht. Sie sollte - im Geheimen - bis zu Tinos Tod andauern. Zuletzt unternimmt er noch einen Versuch sich scheiden zu lassen, kann sich aber gegen seine resolute Frau nicht durchsetzen.

Lebensprinzip Anpassung

Tinos Lebensprinzip heißt Anpassung. Und es scheint, dass Iris, die Erstgeborene, dieses Prinzip von ihm übernommen hat. Durch eine Heirat dem Schreckensregiment der Mutter entflohen, wandert sie mit ihren Mann nach Amerika aus. Die absurd-groteske Schilderung ihrer Angepasstheit an einer späteren Stelle im Buch, gehört zu den besten Stellen des Romans. Der Zweitgeborenen, Jasmin, gilt Rezas ganzer Hass. Kaum dass sie ihren Anblick erträgt, sie ist Jozefa wie aus dem Gesicht geschnitten, empfindet sie das Kind von Anfang an als Strafe. Sie quält und schlägt es, demütigt es und verfolgt Jasmine mit ihrer Bösartigkeit bis ins hohe Alter hinein. Rezas Sonnenschein aber ist die jüngste der Töchter: Kamila. Sie verhätschelt sie und zieht sie allen anderen vor. Später heiratet Kamila den Emporkömmling Viktor, der durch seine Betrügereien beinahe die ganze Familie ruiniert. Er kommt bei einem Autounfall auf dem Weg ins Ausland, um sich der Verhaftung zu entziehen, an der Seite seiner Geliebten, ums Leben. Kamila wählt den Freitod.

Bleiben noch Jasmine und Eva, die vierte Tochter. Zuerst die besten Freundinnen, trennen sich ihre Wege, als Jasmine Werner, ihren späteren Mann, kennen lernt. Wie bei Reza und Jozefa war hier Werner zuerst Eva begegnet und hatte sie dann zu Gunsten Jasmines stehen gelassen. Dieses Mal ist aber nicht ein Kind die Ursache, sondern die stärkere Zuneigung. Jasmine zieht mit Werner nach Österreich und gründet hier eine Familie. Auch Eva, die ohne Protektion keine Zukunft in ihrem Beruf sieht, geht nach Österreich, heiratet, bekommt Kinder.

Ohne Schluss

Einen richtigen Schluss hat das Buch nicht. Eva und Jasmine werden sich wiederbegegnen, Reza Bukovská lebt, nicht unzufrieden, in Prag; Tino, Viktor und Kamila sind tot. Es gibt neue Kinder, Enkel, über die ganze Welt verstreut. Sie werden das Leben so oder so leben.

Reine Chronologie

Man könnte den Roman endlos fortschreiben. Er ist eine Chronologie mehr oder minder dramatischer Lebensumstände und Personenkonstellationen, wie es sie immer geben wird. Sein größtes Manko ist im Grunde seine Nähe zur Realität. Die Sprache ist oberflächlich, von Stil oder sprachlichen Nuancen kann nicht gesprochen werden. Kaum, dass Atmosphäre entsteht, eine Verdichtung findet nicht statt. Tiefe der Gestalt wird durch flüchtige Charakterisierung und Laienpsychologie ersetzt. So flach ist auch die Realität nicht. Aber wer sich für Lebensgeschichten in Nachmittagstalkshows erwärmen kann, wird auch mit diesem Buch seine Freude haben.

Die Töchter der Reza Bukovská

Von Zdenka Becker

Residenz Verlag, St. Pölten/ Salzburg, 2006

416 Seiten, geb., Euro 21,90

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