Alles ganz normale Leute

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Die Zeiten, in denen der Life Ball als Selbstinszenierung einer Randgruppe abgetan werden konnte, sind endgültig vorbei. Über vier Stunden lang übertrug ORF 1 letzten Samstag ab 20.15 Uhr ausgiebig die Kreuzung aus Benefizveranstaltung in Sachen HIV/Aids und extravagantem Society-Event. Ein Teil des begeisterten Publikums am Wiener Rathausplatz bestand aus Menschen, die man rein optisch eher auf ORF 2 bei "Willkommen bei Carmen Nebel" vermutet hätte. Die Modenschau des britischen Dessous-Herstellers Agent Provocateur hat wohl vor allem bei heterosexuellen Männern für Hormonwallungen gesorgt. Viele Gäste des Balles selbst trugen gewöhnliche schwarze Anzüge beziehungsweise Abendkleider, und die schrill Kostümierten warfen sich bei Auftauchen einer Kamera in die immer gleichen Posen, nicht anders als bei einer herkömmlichen Faschingsveranstaltung. Alles ganz normale Leute also.

Freilich, am Opernball oder bei der Eröffnung der Wiener Festwochen bekommt das Publikum keine ausgeflippten Außerirdischen-Kostüme, knackige Models in heißer Unterwäsche und offen homosexuelle Paare zu sehen - dafür auch keine bewegenden Szenen wie jenen Moment, als Kulturministerin Claudia Schmied Life Ball-Organisator Gery Keszler auf offener Bühne das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verlieh. Ein deutliches Zeichen: Unmittelbar davor hatte Keszler noch ein Gerichtsurteil kritisiert, wonach er es sich gefallen lassen muss, als "Berufsschwuchtel" bezeichnet zu werden.

Hervorragend schlugen sich die zwei ORF-Hauptmoderatoren: Die bezaubernde Mirjam Weichselbraun wurde von ihren prominenten Interviewpartnern mit Komplimenten überhäuft, und Alfons Haider präsentierte sich souverän und entspannt wie nie; ihm war deutlich anzumerken, dass das kein Job, sondern eine Herzensangelegenheit war.

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