Anwalt auf Abwegen

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Untreu - Unfaithful

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Untreu - Unfaithful

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USA 2002- Regie: Adrian Lyne. Mit Richard Gere, Diane Lane, Olivier Martinez, Erik Per Sullivan. Verleih: Twentieth Century Fox. 124 Min.

Darf man einem Mörder von Herzen wünschen, er möge nicht entdeckt werden? Wenn es je einen Film gab, in dem man mit ihm bangt, wenn sich die Folgetonhörner nähern und die Kriminalbeamten ihre Fragen stellen, dann ist es dieser. Es ist ein Film, in dem die Regie alle Register zieht, um all die Peinlichkeiten, die geeignet wären, den handelnden Personen das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, auf den Zuschauer zu übertragen. Wie idyllisch Regisseur Adrian Lyne das Familienleben des Paares ausmalt. Wie unbarmherzig er die Liebe über die Frau hereinbrechen lässt - mit allen Schikanen. Ein alter Trick. Herstellen von Fallhöhe. Während sie das Herz, das ihr der Liebhaber mit Filzstift an verfänglichster Stelle auf die Haut gemalt hat, wegzurubbeln versucht, kommt der Mann ins Bad. Aber noch merkt er nichts.

"Untreu" ist ein langsamer Film, vollgepackt mit dichten Stimmungen. Der plötzliche Sturm in der Stadt, der die Liebenden fast einander in die Arme weht (ein paar verwehte Bücher spielen dabei auch eine Rolle) ist einer der schönsten Filmstürme. Wenn der Vorortezug einfährt, erleben wir Suburbia, Amerikas Villenviertel, in Reinkultur. Auch der Mord geschieht sehr langsam - und die Beseitigung der Leiche erst recht.

Aber eigentlich ist der Mörder gar kein solcher, es handelt sich um einen Totschlag. Ungemein glaubwürdig spielt Richard Gere das Erschrecken des Mannes, der zugeschlagen hat, ohne töten zu wollen. Dass er ein offensichtlich erfolgreicher Anwalt ist, wissen wir - der Moment, in dem er erkennt, dass er vor wenigen Sekunden seine Karriere vernichtet hat, ist eine perfekte Einheit von Regie und Schauspielkunst. Raffiniert wird das Publikum nun aufs Eis geführt. Denn die Beseitigungsversuche muten hoffnungslos an, der steckenbleibende Aufzug kann nur das Ende bedeuten.

"Untreu" basiert auf einem alten Film von Claude Chabrol. Obwohl dessen gesellschaftskritischer Ansatz fallengelassen wurde, handelt es sich in der Neuauflage um einen intelligenten Film mit einem überraschenden, etwas zynischen, aber wohl sehr realistischen Schluss.

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