Blut, Schweiß und Schüssel

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Das war sie also: eine Dekade Vera. Seit März 1995 bringt Vera Russwurm "Menschen von nebenan" ebenso wie Promis dazu, live vor einem Millionenpublikum (oder zuletzt knapp 700.000 Anteilnehmenden) Dinge zu beichten, die sie in der Prä-Plaudershow-Epoche nicht einmal ihrer Mutter verraten hätten. Seit zehn Jahren also präsentiert die dreifache "Romy"- Preisträgerin - quasi der "Volkswagen" im Entertainer-Fuhrpark des orf - ein wöchentliches Potpourri aus "Schicksalen, Stars und Sensationen".

Entsprechend grellbunt geriet vergangenen Donnerstag die Jubel-Sendung Vera Spezial: Wobei Russwurms mimische Anpassungsfähigkeit grundsätzlich Respekt verdient: Egal ob die Mutter von Franz Fuchs bei den Bombenopfern um Vergebung fleht oder ein Tiroler Erfinder Müllgeruch in Lavendel-Odeur veredelt - die Russwurm assistiert einwandfrei als Mensch gewordene Betroffenheit.

Was mit den geouteten Gästen nach Sendeschluss passiert, ist ein anderes Kapitel:Zwar rühmt sich Vera, so manche Bürokratie ins Laufen gebracht zu haben. Dass aber Studiogast Alfons Haider sein einstiges Homo-Outing "nicht wieder machen" würde, war wohl nicht geplant.

Gleich wieder zu Vera würde indes Stargast Wolfgang Schüssel marschieren. Das Show-Jubiläum passte dem gedanken-trunkenen Kanzler so sehr ins Konzept, dass er "erstmals in einer Talkshow" (orf-Untertitel) Platz nahm. Kein großes Risiko, wie sich herausstellte: Unbehelligt von politischen Fragen durfte Schüssel von seiner Kindheit berichten, mit seiner Mutter quasi alle "Trümmerfrauen" vor den Fernsehgeräten bedanken und Vera ein kleines "Buch der Entscheidungen" schenken. "Trau deiner Intuition", schlug Russwurm auf.

Bingo - oder anders gesagt: Bleib bei Blut, Schweiß und Tränen, Vera. Politiker beherrschen die Kunst gespielter Betroffenheit genauso gut wie du. DH

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