Die Spechtler vom Wilhelminenberg

Werbung
Werbung
Werbung

Wir glauben ja gern, dass journalistische Qualität auf Dauer selbst dort nicht aufzuhalten sein wird, wo Medien es billigst bis gratis geben. Leider überbieten sich die genannten Produkte im Beweis des Gegenteils.

Da berichtete die Gratiszeitung heute in einem infantilen, mit fünf Fotos gespickten Artikel über "Die netten Ausflüge der Frau Lugner", dass Christina Lugner im Porsche vor einer Villa am Wilhelminenberg aufgekreuzt und sogar durchs Gartentürl hineingefahren sei. Na wumm! In der U4 frustriert weiterblätternd, schiebt man die letztklassige Neuigkeit, die sich als Enthüllungsstory ausgibt, ins hinterste Ablagefach der Wahrnehmung. Wahrscheinlich war heute-Chefin Eva Dichand gerade nicht in der Redaktion oder hat nicht hingeschaut, als die unterste Lade aktueller Primitivitäten geöffnet wurde.

Große Täuschung! Wenn Österreichs Boulevardmedien zupacken, wird eine Spechtlerei hinterm Gartenmäuerl zur Paparazzi-Sensation. News greift ein, anonyme Zeuginnen melden sich, und schon wackelt der Ehebund der Lugners. An der Stelle würde die Regie zum zweiten Mal den Ausruf "na wumm!" erfordern, aber wir hetzen lesend von einem Hybrid-Magazin zum nächsten und erfahren aus Österreich: "Diese Ehe ist eine Katastrophe." Das sagt der junge Mann, der für Mausi das Tor der Villa geöffnet hat, aber seine Millionen durchaus nicht als Torwart verdient. Die Geschichte ist rund und die Lugner-Ehe medial schon kaputt. Und wenn sie sich nicht scheiden lassen, leben sie weiter zusammen.

Auch in diesem Fall verspricht die Geschichte, "über die seit Tagen ganz Wien tuschelt" (Österreich), unendlich viele Fortsetzungen. Auf Österreichs Boulevard sind alle verfügbaren Spanner und Spannerinnen postiert. Sie werden Unglaubliches präzise dokumentieren.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung