Eine zerstörte Familie II

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Tom Kalins Industriellenfamiliensaga "Wilde Unschuld" beginnt verheißungsvoll, endet aber jäh in Trümmern aus Bakelit.

Ein Nutzen von Geld ist es, sich nicht mit den Konsequenzen eigener Fehler herumschlagen zu müssen." Bezogen auf die eigene Familiengeschichte sollte Leo Hendrik Baekeland, der es als Erfinder des Kunststoffs Bakelit zu unermesslichem Reichtum gebracht hat, nicht recht behalten. Regisseur Tom Kalin zeigt in seinem elliptischen Familien-Drama "Wilde Unschuld", dass materieller Besitz nicht vor den emotionalen Konsequenzen eines pathologischen Familienlebens schützt. Da können die reichen Baekeland-Erben ein noch so unbekümmertes Savoir Vivre führen, die Probleme innerhalb der Familie lösen sich dadurch nicht. Im Gegenteil: Unter dem Deckmäntelchen der mondänen Bussi-Bussi-Gesellschaft brodeln verletzte Gefühle und Enttäuschungen, die sich in Exzess, Inzucht und Mord entladen.

Angesichts der Fülle an menschlichen Tragödien, die die wahre Familiengeschichte der Baekeland-Dynastie zu bieten hat, eigentlich ein "aufgelegter Elfmeter" für jeden Filmemacher. Nicht aber für Tom Kalin: Der Regisseur verleiht dem spannenden Filmstoff ein derart artifizielles Antlitz, dass sein Familien-Drama besser im New Yorker Museum of Modern Art (wo 2005 sein Gesamtwerk "Swoon: Ten Years of Killer Films" zu sehen war) aufgehoben wäre als auf einer Kino-Leinwand. Dem experimentierfreudigen Videokünstler scheint die reine Ästhetik seiner Bildkompositionen mehr am Herzen zu liegen als eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Persönlichkeitsstruktur seiner Protagonisten. Schade - um den vergebenen Schuss aufs leere Tor.

Wilde Unschuld - Savage Grace

USA 2007. Regie: Tom Kalin. Mit Julianne Moore, Stephen Dillane, Eddie Redmayne, Elena Anaya. Verleih: Filmladen. 96 Min.

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