Eva Braun kriegt ein Kind

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Ein Jude brüllt, auf dass es noch hohler klinge, Goebbels-Tiraden in einen Brunnen und erfreut damit die Kinderlein der hohen Führerschaft. Er ähnelt Goebbels, und da Himmler diesem nach dem Leben trachtet, braucht er den Doppelgänger. Eva Braun fühlt sich schwanger, worauf Magda Goebbels durchdreht. In Himmlers Hauptquartier wieseln Besen schwingende Häftlinge, Goebbels schenkt Hitler einen Fernseher und vor dem Fernseher (dem heutigen, nicht dem für den Führer) sitzt der Kritiker und fragt sich, was er davon halten soll.

Einerseits werden im letzte Woche in der ARD erstmals ausgestrahlten Film "Goebbels und Geduldig" Hitler, Himmler und Goebbels als durchgeknallte Wahnsinnige dargestellt, was ja als Realismus durchgeht. Andererseits: Ist gar so blöd noch erlaubt? Einerseits ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, warum soll es also nicht gestattet sein, sich auch auf Blödel-Niveau des Themas anzunehmen? Auch ist Ulrich Mühe als Goebbels und Doppelgänger tragisch und komisch zugleich, also offenbar richtig. Andererseits liegen aber die Millionen Toten noch als Schatten über der Welt.

Die Szene, in der Goebbels seinen Doppelgänger trifft, ist bemerkenswert. Noch schöner ist die, wo der Doppelgänger Hitler Zyankali ins Glas schüttet, dann nicht mehr weiß, welches sein Glas war, worauf ihn Hitler so heftig umarmt, dass beide Gläser auf dem Boden liegen. Bald kennt sich niemand mehr aus, wer Goebbels und wer der Doppelgänger sei, worauf sich die Nazis auf ihre Riechorgane verlassen, weil sie glauben, einen Juden auf 200 Meter gegen den Wind riechen zu können.

Kai Wessel profiliert sich als ziemlich durchgeknallter Regisseur. Einige Szenen erinnern an Charlie Chaplin im "Großen Diktator" und an "Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch. An solche Vorbilder hätte Wessel vielleicht besser nicht erinnert.

Ulrich Mühe lässt das Entsetzen im Hintergrund mitschwingen. Wo kein Entsetzen mitschwingt, wird die Sache peinlich. Wessel beherrscht das Handwerk, aber Handwerk ist in diesem Fall eben zu wenig. H. B.

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