Revidierte Klischees
Fridolin Schönwiese lässt in "Volver la vista - Der umgekehrte Blick" Österreicherinnen und Österreicher, die in Mexiko eine zweite Heimat fanden, sowie Mexikanerinnen und Mexikaner, die aus Liebes-oder Berufsgründen in Österreich niederließen, zu Wort kommen. Dabei interessiert sich der Regisseur nicht so sehr für die Einzelschicksale seiner Protagonisten. Deren Erzählfragmente aus dem Off sollen vielmehr den Länder-und Kulturklischees hier wie dort auf den Grund gehen. Zum anderen geht es auch um Fragen wie Patriotismus, Nostalgie und Identität. Der umgekehrte Blick betrifft auch die Ebene der Bilder: Während der österreichische Kameramann Johannes Hammel in Mexiko unterwegs war, filmte der Mexikaner Rafael Ortega österreichische Landschaften und Bräuche. Fünf Jahre lang arbeitete Schönwiese an diesem Projekt und hatte am Ende 300 Stunden Filmmaterial zur Verfügung. Entstanden ist einer der aufregendsten österreichischen Dokumentarfilme der jüngeren Vergangenheit. Vor allem besticht er in formaler Hinsicht: Bild, Ton und Montage folgen einer assoziativen Dramaturgie, die eine eigentümliche Sogwirkung beim Publikum auslöst. Philipp Kainz
VOLVER LA VISTA
Der umgekehrte Blick
A/MEX 2005 Regie: Fridolin Schönwiese. Verleih: Sixpackfilm. 90 Min.
Besudelte Leinwände
Sogar der Teufel hat sie zurückgeschickt - so die Übersetzung des Filmtitels "The Devil's Rejects". Der einstige Schockrocker Rob Zombie, der seinem (Künstler-) Namen alle Ehre zu machen sucht, rankt in seinem neuen Horror-Machwerk wie in seinem Spielfilmdebüt "Haus der 1000 Leichen" (2000) den morbiden Plot rund um die Familie Feuerfliege - Firefly: Um seinen von diesen netten Zeitgenossen um die Ecke gebrachten Bruder zu rächen, sucht Sheriff John Quincey Wydell die Fireflys mit der Strenge des Gesetzes auszurotten: Die geballte Staatsmacht durchsiebt deren Ranch zwar mit Kugeln, doch Otis und Baby Firefly entkommen und tun sich mit ihrem Vater Captain Spaulding zusammen. In diesem verqueren Roadmovie mit Italowestern-Anklängen wird so gut wie alles auftretende menschliche Leben auf ebenso absurde wie bestialische Weise ausgelöscht: Unmengen von Filmblut, zerfetzten Körperteilen und ein grölender Soundtrack ergießen sich übers Publikum, dessen Magennerven zu Filmende mehr als überreizt sind. Nur wem das weiland berüchtigte "Texas Kettensägemassaker" (1974) zu betulich war, wird diesen Kino-Trash goutieren. O. Friedrich
TDR - The Devil's Rejects
USA 2005. Regie & Buch: Rob Zombie. Mit Sid Haig, William Forsythe, Bill Moseley, Sheri Moon Zombie, Matthew McGrory. Verleih: Lunafilm/Filmladen. 109 Min.
Blutige Abenteuer
Im Tiroler Land des beginnenden 16. Jahrhunderts hat die Kirche den Alltag der Menschen fest im Griff. Die beiden Findelkinder Martin und Georg werden von Mönchen erzogen und sind Freunde. Sie werden getrennt, als der Erzbischof Georg unter seine Fittiche nimmt und Martin Söldner wird. Jahre später treffen sie wieder aufeinander: Georg ist inzwischen Prior des Klosters, Martin lässt sich mit der Tochter des Henkers ein. Als dieser stirbt, muss er dessen Job übernehmen. Zu tun hat er genug: Denn die heilige Inquisition ist hier und lässt jede Menge "Ketzer" ermorden.
Ein Mainstream-Abenteuer mit Spektakelcharakter soll "Henker" sein. Die europäische Koproduktion zwischen Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Luxemburg, Ungarn und Deutschland ist das, was man gemeinhin als "Europudding" bezeichnet. Zwar weist die Geschichte manch interessante Aspekte auf - etwa die Frage der Homosexualität und des Kindesmissbrauchs im Kloster, aber auch die abscheulichen Praktiken der Inquisition. Leider geht "Henker" aber an keiner Stelle in die Tiefe, sondern bleibt ein an der Oberfläche dahinplätschernder Abenteuerfilm. Immerhin: Effekte und Ausstattung sind für europäische Verhältnisse geradezu bombastisch. Matthias Greuling
HENKER - The Headsman
A/CH/LUX/H/D 2005. Regie. Simon
Aeby. Mit Steven Berkoff, Nikolaj Coster-Waldau. Verleih: Lunafilm. 115 Min.
