Bergige Liebe
Als Johanna ihren Freund beim Fremdgehen erwischt, stellt sie sich mit ihrem Auto mitten auf ein Bahngleis. Doch der Automechaniker Uwe (Frank Giering) stößt Johanna zurück ins Leben. Nachdem Uwe sie ein zweites Mal rettet, wird Johanna in die Psychiatrie eingewiesen. Dort ist auch ihr "Onkel" Heinrich, der behauptet, ein Ritter aus dem 13. Jahrhundert zu sein. Um mit seiner großen Liebe, Johannas Mutter (Marianne Sägebrecht), wieder vereint zu sein, muss er nur auf dem Großglockner ein Zeitfenster finden....
In Joe Duebells Spielfilmdebüt ist der Zuschauer ständig mit Déjà-vus konfrontiert. Die Figur des Onkel Heinrich beispielsweise erinnert an einen zeitreisenden Don Quijote, der von zwei tollpatschigen Polizisten - ein Stereotyp der Film- und Fernsehgeschichte - gejagt wird. Einer der Uniformierten, der etwas weibische Helmut, ist es auch, der in verschiedenen Situationen berühmte Filmszenen wiedererkennt und damit das Zitatenpotpourri von "Großglocknerliebe - Kein Heimatfilm" unterstreicht. Wie der heimische Kabarettfilm bleibt der bayrische Streifen auf Grund seiner schablonenhaften Inszenierung von geringer cineastischer Bedeutung - amüsant ist er allemal. Philipp Kainz
GROSSGLOCKNERLIEBE -
KEIN HEIMATFILM
D 2002. Regie: Joe Duebell.
Mit Frank Giering, Jule Ronstedt,
Jan-Gerd Buss, Marianne Sägebrecht. Verleih: AdriAlpe-Media. 90 Min.
Sizilianische Torte
Das Meer und die Torte - "Il mare e la torta" - zugegeben, dieser Filmtitel verheißt Idylle. Doch der österreichische Regisseur Edgar Honetschläger hat sich von der Idylle nicht den Blick auf Sizilien trüben lassen. Hier, zwischen Afrika und Europa, erlebt man einen Kreuzungspunkt zwischen Christentum und arabischer Welt, die Regisseur Honetschläger gleich zu Beginn seiner filmischen Meditation gekonnt arrangiert: Er dreht seine Kamera einmal im Kreis auf einem kleinen Platz in Palermo, der verschiedene Straßen von allen Himmelsrichtungen kommend in sich aufnimmt. Das Rondeau des Platzes ist einer Torte gleich, die Kamerabewegungen verweilen jeweils bei den heraus geschnittenen "Tortenstücken".
Honetschlägers Reise nach Sizilien versammelt vor allem subjektive Eindrücke. Selbst kommentiert der Filmemacher das Geschehen nicht. Stattdessen lässt er Friedrich II. aus dem Off kommentieren - jener Friedrich II., der vor 750 Jahren eine Aussöhnung mit dem arabischen Erdteil anstrebte. Insofern ist "Il mare e la torta" auch ein politischer Film.
Matthias Greuling
IL MARE E LA TORTA
Das Meer und der Kuchen
Ö 2003. Regie/Drehbuch: Edgar Honetschläger. Verleih: Amour Fou. 60 Min.
Melodiöser Mythos
Der "John Lennon Airport" in Liverpool beheimatet eine überlebensgroße Lennon-Statue und wirbt mit "Above us only sky". Ein Georgier erklärt, vom Leninisten zum Lennonisten geworden zu sein, es folgt ein herrlich blamables Live-Fernsehinterview mit Tony Blair - und einem roten Doppeldecker-Bus mit Aufschrift "No war on Irak" im Hintergrund. Dazwischen: Videomaterial von John und Yoko, in dem Lennon seine Muse als Co-Autorin der Friedenshymne "Imagine" angibt. Dass Regisseur Frederick Baker auf ein Archäologie-Studium zurückblickt, verwundert nicht. Ähnlich wie bei Ausgrabungen schabt er in seiner Dokumentation nach sämtlichen Schichten, die er zu analysieren weiß - und bearbeitet sie erfrischend ironisch. Einziges Manko: Die hypnotisierende "Imagine"-Endlosschleife geht einem am Ende gehörig auf die Nerven. Nicole Albiez
Imagine IMAGINE
GB/A 2004. Regie: Frederick Baker.
Verleih: Polyfilm. 90 Min.
Billiger Horror
Er nennt sich Rob Zombie und ist Sänger der Metal-Rock-Band "White Zombie". Nun hat Robert Cummings, so heißt der Schockrocker mit bürgerlichem Namen, einen Horrorfilm herausgebracht, der ebenso dick aufgetragen und billig ist wie sein Künstlername: "Haus der 1.000 Leichen", eine hirnlose Orgie pubertärer Gewaltphantasien. Der Plot: Vier Teenager geraten in die Hände einer Familie von Psychopathen und Freaks, von der sie zu Tode gequält werden.
Zu irreal sind die Figuren, um echten Schrecken zu erzeugen. Zu schwach und zu sprunghaft die Story, um einen Spannungsbogen aufzubauen. Und vor allem: zu viel Sympathie mit den Schlächtern. Was Horrorfilmen oft vorgeworfen wird, trifft hier hundertprozentig zu: Der Film spielt nicht mit menschlichen Ängsten, sondern verherrlicht schlicht und einfach Grausamkeit. Nicht einmal eingefleischten Horror-Fans zu empfehlen. Michael Kraßnitzer
HAUS DER 1.000 LEICHEN
USA 2003. Regie: Rob Zombie.
Mit Sid Haig, Bill Moseley, Sheri Moon, Karen Black. Verleih: Luna. 88 Min.
Große kurze Filme
Nach wie vor ist er das Stiefkind der Filmwelt - der Kurzfilm. Dass es sich um ein äußerst reizvolles Genre handelt, möchte das "Vienna Independent Shorts"-Festival von 6. bis 12. Juni beweisen. Erklärtes Ziel der Veranstalter: Kreativen der Independent-, No-Budget- und Amateur-Szene ein Forum zu schaffen. So werden unter dem Titel "HomeMovieCorner goes Europe" Werke engagierter Filmamateure gezeigt. Den Bereich des internationalen Kurzfilms deckt die Mediengruppe "Shadowwalker" mit ihrem Kinoabend "unexplored" ab, bei dem Videoaktivisten aus ganz Europa ihre Schätze präsentieren. Sandra Wobrazek
Vienna Independent Shorts - Kurzfilmfestival
Von 6. bis 12.Juni. In den Wiener Kinos De France, Cinemagic, TopKino und Schikaneder. Informationen unter
www.viennashorts.at
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!