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Pseudo-Doku

"Frauen schreien schriller", bringt der spanische Regisseur Jaume Balagueró seine Vorliebe für weibliche Horrorfilm-Protagonisten auf den Punkt. In "Rec" berichtet TV-Lokalreporterin Angela über nachtaktive Berufsgruppen, diesmal die Feuerwache. Bald muss die Truppe zu einem Apartment ausrücken aus dem Todesschreie dringen. Balagueró (und Co-Regisseur Paco Plaza) verbinden (nicht ganz humorlos) George Romeros Zombiefilm-Regeln mit dem Stil der Fake-Documentary: "Rec" ist das angeblich authentische Video jener Nacht. Leider ist das seit "Blair Witch Project" oder "Zombie Diaries" nicht mehr erfrischend. Tonaussetzer, gewollte Mängel, die limitierte Perspektive und wackelige Digitalästhetik sollen beklemmende Authentizität suggerieren, wirken sich in REC aber inszenatorisch zu limitierend aus: Keine ausgefeilten Perspektiven, keine dramatischen Schnitte, viel Dauergequassel. Allerdings: Das konzeptbedingte Fehlen von Musik steigert den visuellen Schockeffekt.

Alexandra Zawia

REC

SP 2007. Regie: Jaume Balaguero, Paco Plaza. Mit Manuela Velasco, David Vert, Carlos Vicente, Ferran Terraza. Verleih: 3L. 85 Min.

Wasser-Doku

Die Unterwasserbestie ist nicht der Hai, sondern eigentlich: der Mensch, zeigt "Sharkwater" auf. Im Fokus stehen daher unter anderem Langleinenfischer, die Haie ihrer Flossen berauben - und den "Abfall" wieder über Bord, zurück in den Ozean werfen. Der Abfall, ein unbeweglicher Körper ohne Flossen, sinkt, wird verbluten - jährlich 100 Millionen Haie, schätzen Experten. Shark Finning bringt gutes Geld: Haifischflossen gelten als Delikatesse und Wunderheilmittel. Wieder so eine Legende. Gerade mit Mythen rund um Haie möchte "Sharkwater" aufräumen. Die Tierdoku verwandelt sich in einen politischen Öko-Krimi, mafiabedingte Anklagen und Spitalsaufenthalte inklusive. Stilistisch ist "Sharkwater" alles andere als inspiriert ausgefallen (Rob Stewart setzt sich lieber selbstverliebt in Szene), inhaltlich jedoch sehr spannend. So entpuppt sich die Dokumentation über die "Tiere ohne Lobby" als engagierter "Propagandafilm". Nicole Albiez

SHARKWATER

Kanada 2006. Regie: Rob Stewart. Mit Patrick Moore, Erich Ritter, Rob Stewart. Verleih: 3L. 89 Min.

Hinweis

Die Kritik zu Michael Hanekes Remake "Funny Games U.S." ist auf Seite 13 dieser Furche, jene zu Pol Cruchtens "Kleine Geheimnisse" auf Seite 10.

Wissens-Doku

Niemals vergessen! Dem Motto der Juden nach dem Holocaust ist Eric Kandel auf eigene Weise treu geblieben. Er erforschte die molekularen Mechanismen des Gedächtnisses und wurde damit zum Mitbegründer eines Fachgebiets, das heute hoch im Kurs steht - die Neurowissenschaften. Bruchstückhaft rekonstruiert die Doku "Auf der Suche nach dem Gedächtnis" das bewegte Leben des späteren Nobelpreisträgers: Die idyllische Kindheit in Wien, die durch den Einmarsch der Nazis ein jähes Ende findet, die geglückte Flucht seiner Familie nach New York und den unwahrscheinlichen Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen zum Spitzenwissenschafter. Dabei begibt sich Kandel selbst auf die Spuren seiner Kindheit. So besucht er etwa das ehemalige Geschäft seines Vaters am Kutschkermarkt in Wien oder kehrt an seine alte Schule in Brooklyn zurück, von wo er - als einer von zwei unter mehr als 1100 Schülern - den Sprung an die Harvard Universität schaffte. Gleichzeitig beleuchtet der Film das (jüdische) Familienleben der Kandels und bietet einen ungekünstelten Blick in das Top-Labor des "Rockstar of Neuroscience" (wie ihn eine junge Studentin nennt). Dabei mag nicht jeder Zuschauer den Flip-Chart Skizzen und Erklärungen des Nobelpreisträgers folgen können. Doch das macht nichts. Denn der 79-Jährige wirkt allein mit seiner nach wie vor ungebrochenen Leidenschaft für seine Forschungsarbeit hoch ansteckend. Thomas Mündle

AUF DER SUCHE NACH DEM GEDÄCHTNIS

D 2007, Regie: Petra Seeger.

Mit Eric Kandel.

Verleih: FilmForm. 95 Min.

Keine Doku

21 - das ist die höchstmögliche Punkteanzahl bei Black Jack und das Alter, in dem man in den USA volljährig ist. Der hochbegabte Student Ben (Jim Sturgess) ist 21, als er von einem ebenso charismatischen wie fiesen Mathematikprofessor (Kevin Spacey) für ein ganz und gar unakademisches Vorhaben gewonnen wird: Zusammen mit anderen Studenten soll er mittels Kartenabzählen in den Spielkasinos von Las Vegas groß abzocken. Obwohl das nicht illegal ist, sehen die Kasinobetreiber solche Praktiken gar nicht gern - und sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, diese abzustellen. "21" ist ein spannender Kartenspiel-Thriller mit viel Psychologie. Denn im Lauf der Zeit droht sich der anfangs schüchterne und sympathische Ben unter der Regie von Robert Luketic in einen nimmersatten, hochmütigen Ellenbogenmenschen zu entwickeln. Die Vorhersehbarkeit des Happy Ends mindert die Spannung keineswegs: Der Traum vom großen Geld ist verpufft, Ben geläutert, aber dank seiner neuen Fähigkeiten bestens gewappnet für den weiteren Lebensweg. Michael Kraßnitzer

21

USA 2008. Regie: Robert Luketic. Mit Jim Sturgess, Kevin Spacey, Kate Bosworth, Lawrence Fishburne.

Verleih: Sony. 123 Min.

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