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Sinnliches Verlangen

#Ein Maurer, verheiratet mit einer Frau, die er liebt, verliebt sich in die Lehrerin seines Sohnes # eigentlich eine einfache Geschichte#, meint Regisseur Stéphane Brizé über sein Liebes-Drama #Mademoiselle Chambon#. Inhaltlich ist dem nichts hinzuzufügen # im Gegensatz zu der Art und Weise, wie der französische Filmemacher seine Amour fou in Szene setzt: Statt plakativer Schauwerte setzt er auf eine subtile Gefühls-Hochschaubahn. Zu Beginn deutet allerdings nichts darauf hin, dass sich das Leben des wortkargen Handwerkers Jean dramatisch ändern wird: Der liebevolle Familienvater scheint mit seinem Alltags-Dasein zufrieden. Dies ändert sich schlagartig, als er der Lehrerin seines Sohnes begegnet. Gerade die Unaufgeregtheit, mit der Brizé die innere Zerrissenheit # familiäre Verantwortung vs. sinnlichem Verlangen # in den (Kamera-)Fokus rückt, verleiht der vermeintlich banalen Love-Story jenen Tiefgang, den bereits seine Tragikomödie #Man muss mich nicht lieben# ausgezeichnet hat. (Jürgen Belko)

Mademoiselle Chambon

F 2009. Regie: Stéphane Brizé. Mit Sandrine Kiberlain, Vincent Lindon.

Verleih: Polyfilm. 100 Min.

Überdreht abgedreht

Ein zu Unrecht verurteilter Kleinganove flüchtet direkt aus dem Gerichtssaal. Mit Geiseln im Schlepptau, die mehr damit beschäftigt sind, sich zu streiten als sich zu fürchten, waren sie doch eben in Sachen Scheidung vor Gericht. Es folgen der Wirtschaftsminister als weitere Geisel, dessen Lover (ein Kommissar) mitsamt von ihm besessener Kollegin, wie auch die von seinem besten Freund schwangere Frau des Entführers. Und besagter bester Freund selbst. Im Sommerhaus des Ex-Ehepaars wartet der einsatzbereite Liebhaber der Hausherrin. Richtig: Es herrscht ein mordsmäßiges Durcheinander in dieser klamaukigen, temporeichen (und gut besetzten) Krimiparodie mit hoher Gag-Dichte. Um Glaubwürdigkeit geht es keinen Moment, stattdessen wird viel mit Klischees jongliert. Nur ist dies in der Gesamtbetrachtung etwas dünn, besonders wenn der Witz abgeht. #Viel hilft viel# geht eben meistens nicht ganz auf. (N. Albiez)

Unter Strom

D 2008. Regie: Zoltan Paul. Mit Harald Krassnitzer, Catrin Striebeck, Hanno

Koffler. Verleih: Thimfilm. 81. Min.

Anti-Drogenfilm mit erhobenem Zeigefinger

Das Leben der allein gelassenen, vergnügungssüchtigen Jugend von Manhattan, für die einzig Sex, Drogen und Schönheitsoperationen zählen: Darum ging es in Nick McDonells gefeiertem Debütroman #Zwölf#. In der Verfilmung # unter dem Originaltitel #Twelve# # ist aus der bösen Abrechnung mit der westlichen Zivilisation ein plakativer Anti-Drogen-Film geworden wie aus den 1950er-Jahren, die warnende Stimme aus dem Off inklusive. Im Mittelpunkt steht der Halbwaise Mike (Chace Crawford), der als einer der wenigen etwas im Kopf hat, Camus und Nietzsche liest # allerdings in relativ großem Stil mit Marihuana dealt. Er selbst lebt abstinent, im Gegensatz zur lebenslustigen Jessica (Emily Meade), die der neuen, binnen kürzester Zeit abhängig machenden Designer-Droge namens Twelve verfällt. Gemeinsam ist allen Charakteren, ob zickige Highschool-Schönheit (Esti Ginzburg) oder schüchterner Schnösel (Rory Culkin), dass sie von ihren Eltern zwar mit massig Geld, aber wenig Zuneigung und Anwesenheit beschenkt werden. Das Finale straft des Filmes plumpe Botschaft Lügen: Das wahre Unheil bringen nicht die Drogen, sondern die Menschen. Jene, die für die geradezu zwangsläufige Gewalteruption am Ende verantwortlich zeichnen, sind nicht dauerbenebelt # darunter der Großdealer Lionel, authentisch verkörpert vom Gangsta-Rapper Curtis Jackson, besser bekannt unter #50 Cent#. (M. Kraßnitzer)

Twelve

USA 2009. Regie: Joel Schumacher. Mit Chace Crawford, Emma Roberts. Verleih: Tobis. 95 Min.

Rebell der Worte

Kaum zu glauben, dass dem großen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe noch kein einziges größeres filmisches Denkmal gesetzt wurde. Dem entgeht auch Philipp Stölzl, denn mit seinem Film #Goethe!# hebt er das übergroße Universalgenie vom Podest und porträtiert stattdessen die Welt eines jungen, rebellischen Mannes, der an gebrochenem Herzen leidet. Sein Talent für außergewöhnliche Stoffe bewies Stölzl bereits bei dem Bergsteigerdrama #Nordwand#. (red)

Goethe!

D 2010. R: Philipp Stölzl. Mit Moritz Bleibtreu, Alexander Fehling. Verleih: Warner. 99 Min.

Epischer Mischmasch

Ein Kinoerfolg ist gut, ein Franchise besser: Die Suche nach seriellen Gelddruckstoffen ist bei Kathryn Laskys #Die Legende der Wächter# angelangt, einem Fantasy-Zyklus, der allein in seiner Hauptreihe 15 Bücher umfasst. Die gleichnamige 3D-Animation, die ins Eulen-Universum, wo sich ein Krieg Gut gegen Böse anbahnt, einführen soll, ist wenig überraschend selbst die erste, die nach einer Fortsetzung schreit. Zuvor hat sie aber noch von den Brüdern Soren und Kludd zu erzählen, die von einem martialischen Clan namens #Die Reinsten# entführt werden. Während der großmütige Soren zum Arbeitssklaven bestimmt wird, soll der feige Kludd zum gehorsamen Soldaten trainiert werden. Soren schafft es zu flüchten, und macht sich mit einer kleinen Schar von Gefährten auf den Weg zum großen Baum, um die sagenumwobenen Wächter zu alarmieren.

Eines passt nicht zum anderen: kinderorientierte Elemente zur so brillanten wie düsteren Ästhetik von Regisseur Zack Snyder (#300#), die wieder zum gelegentlichen Humor, und der wieder zur intensiven Gewalt, die folgt. Als Mischmasch epischer Themen gelingt es dem Streifen nicht, sich von einem #Herr der Ringe# oder #Star Wars# abzugrenzen # auch wenn seine vermenschlichten Eulen noch so exzessiv in Zeitlupe fliegen. (T. Taborsky)

Die Legende der Wächter (Legend of the Guardians)

USA/AUS 2010. Regie: Zack Snyder. Verleih:

Warner. 93 Min.

Böse Börsenwelt

#Gier ist gut#, hieß es 1987 in Oliver Stones Börsenmakler-Thriller #Wall Street# aus dem Mund von Broker Gordon Gekko (Michael Douglas). Dem frischen Unternehmergeist der späten 80er-Jahre verlieh er damit Stimme und Gestalt, und es war eine wahrlich exotische Welt, die Regisseur Stone da erstmals Mainstream-tauglich vorführte: Die Börse mit wild gestikulierenden Händlern, während Millionen von Dollar ihre Besitzer wechseln und alle hielten ständig ein Ding am Ohr, das so groß war wie ein Ziegelstein. Sein Mobiltelefon kann sich Gordon Gekko erst im Sequel #Wall Street: Geld schläft nicht# wieder abholen: am Ausgang der Haftanstalt, in der er seit dem Ende des ersten Films wegen Betrugs einsaß. 23 Jahre sind seitdem im echten Leben vergangen. Mehr als den moralischen Zeigefinger zu heben schafft Stone aber kaum. Im Film ist Gekkos Tochter Winnie anti-Börse eingestellt, aber mit Makler Jake zusammen. Als dessen Mentor vom skrupellosen Konkurrenten Bretton James in den Selbstmord getrieben wird, schwört Jake Rache # und sucht dafür die Hilfe Gekkos, der wiederum auf Gegenleistung sinnt. Schauspielerisch auf hohem Niveau gelingt es dem Film nicht, die Erzählstränge spannend zusammenzuführen. Ist der moderne Gekko ein Bösewicht oder ein Guter? Stone scheint das selbst nicht zu wissen, in einer Zeit, in der nicht Gier gut, sondern längst Geiz geil geworden ist. (Alexandra Zawia)

Wall Street 2: Geld schläft nicht (Wall Street 2: Money Never Sleeps)

USA 2010. Regie: Oliver Stone. Mit Michael Douglas,

Susan Sarandon. Verleih: Centfox. 110 Min.

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