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Der Billeteur als Filmstar

Je weniger den Kopf verstellt, desto mehr hat darin Platz. Ein Prinzip, das der österreichische Regisseur Peter Schreiner in seinen Werken konsequent verfolgt: Er reduziert die Dinge auf ein Nötigstes – und Langsamstes. So auch in seinem neuen Film „Totó“, in dem er den 50-jährigen, im Wiener Exil lebenden Billeteur Antonio „Totó“ Cotroneo auf der Reise in seine kalabresische Heimatstadt Tropea begleitet. In mattem Schwarz-Weiß entwirft Schreiner ein genaues, geradezu kontemplatives Mosaik der Sehnsüchte und Erfahrungen Totós, die in den pointierten Philosophien Totós und seiner ehemaligen Freunde reflektiert werden. Schreiners intensive Aufmerksamkeit fürs Detail entlockt ganz alltäglichen Motiven eine sensuale Magie. Die Falten in Totós gegerbtem Gesicht, Szenen in den Gassen, Plätzen und Buchten Tropeas aus Totós Erinnerung montiert Schreiner in gänzlich ungefälligen Bildschnitten zu einer neuartigen, poetischen Wirklichkeit. Die Diagonale hat diesem „bedeutenden und zu Unrecht wenig bekannten Filmschaffenden“ heuer eine Personale gewidmet – und „Totó“ mit einem Diagonale-Preis gewürdigt. (Alexandra Zawia)

Totó

A 2009. Regie: Peter Schreiner. Mit Antonio Cotroneo. sixpackfilm. 128 Min.

John Travolta im Alleingang

Das Verhalten Amerikas ist barbarisch, aber zweckorientiert und rettet dem dekadenten Europa andauernd den Allerwertesten. Die französische Buddy-Movie-Action-Spionage-Melange „From Paris with Love“ ist in ihren Ansichten keineswegs neu, vergnügt sich aber umso lauthalser in einem Krieg gegen den Terror, den der entwaffnend unflätig-eloquente John Travolta quasi im Alleingang führt. Das Ziel, noch vor der Vereitelung sämtlicher islamistischer Anschlagspläne in der Seine-Metropole: ein europäisiertes Jungtalent der CIA (Jonathan Rhys Meyers) auf Linie zu bringen. Ihm die Zimperlichkeit abzugewöhnen: „Warum fragst du nicht den Kerl, den du erschossen hast, wie es sich anfühlt zu gewinnen?“ Auch bei Regisseur Morel steht Instinkt über Intellekt. Choreografierte Momente eines Luc Besson mischen sich mit ungeschönten Aufnahmen von Brennpunkt-Orten. Ganz klappt das nicht, aber wenigstens Travoltas Leistung steht außer Frage. (Thomas Taborsky)

From Paris with Love

F 2010. Regie: Pierre Morel. Mit Jonathan Rhys Meyers, John Travolta.

Verleih: Constantin. 92 Min.

Scheitern in Wien

George Tabori, der unsterbliche Theatermagier, wird drei Jahre nach seinem Tod über die Verfilmung seines wohl besten Theaterstücks „Mein Kampf“ wieder ins Bewusstsein gerückt. Der Schweizer Regisseur Urs Odermatt bringt die Farce über den 21-jährigen Adolf Hitler im Wien von 1910 genau 100 Jahre später ins Kino.

Hitler strandet im Wiener Männerwohnheim und scheitert an der Aufnahmsprüfung in die Kunstakademie. Sein Zimmer teilt er mit dem Bibelverkäufer Schlomo Herzl und dem Koscher-Koch Lobkowitz. Und obwohl ihn Herzl wieder aufzurichten versucht, projiziert der verblendete junge Mann all sein Elend bloß auf die Juden.

Taboris Theaterstück „Mein Kampf“ gilt gemeinhin als grandiose Farce, dieses Genre gerät im Film fast ins Hintertreffen: Einer erstklassigen Schauspielerriege, allen voran Tom Schilling als junger Hitler und Götz George – bekanntlich Spross einer NS-belasteteten Schauspielerfamilie – als Schlomo, entwindet sich eine melancholische Geschichte väterlicher Freundschaft, deren sich der gescheiterte Bub Adolf H. als nicht würdig erweist.

Gelernte Österreicher brauchen keine eidesstattliche Erklärung, um zu wissen, was aus dem 1910 Gescheiterten wurde. Dass die Monstrosität eines Weltverbrechers auf ganz banalem Scheitern beruht, ist der Hintergrund von Taboris dramatischer Parabel. Der Film trägt diese Spur weiter. (Otto Friedrich)

Mein Kampf

A/D/CH 2009. Regie: Urs Odermatt. Mit Tom Schilling, Götz George, Wolf Bachofner, Elisabeth Orth, Simon Schwarz. Verleih: Filmladen. 109 Min.

Angry Young Man

Tyler Hawkins („Twilight“-Star Robert Pattinson) ist ein sensibler, aber auch zorniger junger Mann, der den Tod seines Bruders vor einigen Jahren noch nicht verarbeitet hat. Sein Vater Charles (Pierce Brosnan) ist als Elternteil ebenso ein Versager wie Polizist Neil (Chris Cooper). Aber dessen Tochter Elly (Emilie de Ravin) kann Hawkins’ Interesse wecken – aber was sich da beziehungsmäßig anzubahnen scheint, gerät alsbald in Gefahr … (red)

Remember Me

USA 2010. Regie: Alan Coulter. Mit Robert Pattinson, Pierce Brosnan, Chris Cooper, Emilie de Ravin.

Verleih: Constantin. 113 Min.

Schräge Monster

Um erwachsen zu werden, müssen Wikingerkinder eine Prüfung bestehen: Nur wer es schafft, einen Drachen zu töten, der wird volles Mitglied der Gemeinschaft. Egal ob grausiger Gronckel, tödlicher Nadder, wahnsinniger Zipper oder gar der furchteinflößende Nachtschatten – am Ende muss das Vieh am Boden liegen. Der schmächtige Hicks aber findet das alles eher blöd. Wozu Drachen umbringen, wenn man doch in Ruhe irgendwelche Apparaturen erfinden oder im Wald spazieren gehen kann? Leider ist Hicks’ Papa Häuptling Haudrauf da ganz anderer Meinung. Wenn der wüsste, dass sich Hicks heimlich mit einer der gefürchteten feuerspeienden Kreaturen angefreundet hat, wäre er ganz und gar nicht erfreut …

„Drachenzähmen leicht gemacht“ ist keine Kinderbuchverfilmung (nach dem Buch von Cressida Cowell) wie jede andere. Zwar sind die üblichen Botschaften von Verständnis, Freundschaft und dem Lob der Kreativität auch mit im Paket, großen Spaß macht der Film aber durch seine wunderbar schrägen Monster und den fantastischen Einsatz der 3-D-Technologie. Leichte Schwächen in der Dramaturgie übersieht man da gerne.

(Magdalena Miedl)

Drachenzähmen leicht gemacht. (How to Train Your Dragon)

USA 2010. Regie: Dean DeBlois. Verleih: Universal. 92 Min.

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