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"Melinda und Melinda" - Switchen zwischen Komödie und Tragödie: Woody Allens neuer virtuoser Kino-Coup.

Die ganze Welt ist Bühne. Und alle Fraun und Männer bloße Spieler." Wo das gute alte Shakespeare-Zitat die Bildungsbürger vergangener Generationen bestimmte, hält für die metrosexuelle Intellektuellenschar der Gegenwart Woody Allen her: In schier unerschöpflicher Kraft dreht er einen Film nach dem anderen ab, einen pro Jahr etwa, und wenn auch das deutschsprachige Publikum offenbar nicht mehr so auf den New Yorker Stadtneurotiker steht (die letzten beiden Woody Allen-Filme wurden nur in Österreich vom kleinen Wiener Verleih Cinestar ins Kino gebracht), so bleibt auch dessen x-te Paraphrase übers Thema obigen Shakespeare-Zitats sehenswert.

Das ist auch bei "Melinda und Melinda", dem neuesten Woody -Coup - diesmal wieder einmal ohne ihn als Schauspieler - nicht anders.

Was hat Allen nicht schon alles an Filmen aufgetischt, in denen Theater/Film und Wirklichkeit so oszillierten, dass am Ende nicht mehr zu unterscheiden war, was Theater im Film, und was Wirklichkeit auf der Leinwand war. Irgendwann einmal etwa (in "The Purple Rose of Cairo") ist doch ein Kinoheld von der Leinwand gestiegen, um das geistreiche Spiel von Schein und Wirklichkeit weiterzutreiben. Ein anderes Mal ("Deconstructing Harry/Harry außer sich") wird ein unglücklicher Autor filmisch-visuell immer unschärfer ... Oder in einem seiner meisterlichsten Filme, "Verbrechen und andere Kleinigkeiten", in dem eine Mordgeschichte mit einer typischen Woody-als-Filmversager-Lachnummer verwoben ist. In selbigem Film philosophiert auch der von Alan Alda dargestellte Erfolgsregisseur: "Komödie ist Tragödie plus Zeit."

Genau dieses Thema variiert Woody Allen nun in "Melinda und Melinda": Eine Freundesrunde an einem verregneten Abend in New York, darunter Komödienschreiber Sy und Dramatiker Al. Wie das so ist an langen Abenden, spinnen die Protagonisten herum - und finden sich bei der Frage wieder, ob die Wirklichkeit besser durch eine Komödie oder eine Tragödie abzubilden ist. Des Abends Fazit: Aus einer kurzen, fiktiven Begebenheit - eine junge Frau namens Melinda platzt in eine Dinnerparty - entwickelt Sy eine Komödie und Al die entsprechende Tragödie.

Woody-Stoff pur: Hin und her werden die zwei Geschichten der Melinda, die von Radha Mitchell grandios verkörpert wird, erzählt. Und die Allen-Themen - Liebes- und Sexualneurosen, mehr als komplexe Beziehungen, Treue - nichts als Wahn?, Kommunikation - ein Unding? - sind wieder einmal dahinein verpackt. Virtuos. Und typisch: nicht zu entscheiden, ob das Leben mehr eine tragische oder doch eher eine komische Sache ist.

MELINDA UND MELINDA

USA 2004. Regie und Buch: Woody Allen. Mit Radha Mitchell, Johnny Lee Miller,

Chiwetel Ejiofor. Verleih: Centfox. 100 Min.

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