Griechischer Charme

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Dimos Avdeliodis schafft mit "Das Frühlingstreffen"ein allegorisches Märchen.

Der griechische Regisseur Dimos Avdeliodis entführt uns mit seinem Filmepos "Das Frühlingstreffen" auf die Insel Chios im Jahre 1960. In dem kleinen, von Sonnenblumen, Olivenhainen und Vogelgezwitscher umgebenen Dorf Tholopotami verweilen wir ein Jahr lang und bekommen die Geschichte der Feldhüter - jener mittlerweile ausgestorbenen Berufssparte, die über die Einhaltung der Gesetze wacht - erzählt. Nachdem der alte Landpolizist auf rätselhafte Weise im Tulpenfeld stirbt, treten vier Männer nacheinander für jeweils eine Jahreszeit seine Nachfolge an - und scheitern. Jener im Sommer (Takis Agoris), weil er zu tolpatschig ist und immer nur schläft. Jener im Herbst (Yannis Tsoubariotis), weil er neue Gesetze erfindet und eine autoritäre Strenge an den Tag legt. Jener im Winter (Stelios Makrias), weil er zu gutmütig ist und der Spielleidenschaft verfällt. Und wieder einer im Frühling (Angelos Pantelaras). Letzterem gelingt es aber, die Fruchtdiebin Elisso (Angeliki Malanti) einzufangen. Weil er sich in sie verliebt hat. Er ist der einzige, der weiß, was er will: das freche Mädchen, das ihn herausfordert und mit dem gemeinsam er nicht dem Alltagstrott zu verfallen droht, dem sich die anderen Dorfbewohner längst ergeben haben.

Trotz bescheidener Bildqualität und wortkargen Dialogen besticht die elfenleichte Komödie durch eine Reihe von Aspekten: Zum einen durch die bezaubernd komponierten (Natur-)Aufnahmen von vier verschiedenen Kameramännern. Zum anderen durch die musikalische Untermalung von Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten", die den dreistündigen Filmmonolith eröffnen und tragen. Außerdem erhält "Das Frühlingstreffen" seinen feinen Charme durch die souveräne Verwebung von komischer und politischer sowie philosophischer und allegorischer Ebene. Dafür braucht Avdeliodis zwar viel Zeit - für die Schilderung der ästhetischen Landschaftsbilder und der heiteren Charakterstudien ist sie zugegebenermaßen aber auch notwendig.

Das Epos ist auf einer Meta-Ebene lesbar: Die vier Jahreszeiten (symbolisiert die Zahl Vier die Chance auf einen Neubeginn?) stehen für die Entwicklungsstadien Griechenlands seit den 50er Jahren; das Verhältnis zwischen den Feldhütern und der Gemeinde für das Mit- und Gegeneinander von Staat und Volk. Regisseur Avdeliodis hat mit seinem cineastischen Juwel eine Hommage an seine eigene Heimat - er stammt selbst von der Insel Chios - kreiert. Ein Plädoyer für das Leben im Einklang mit der Natur, das sich zwischen Satire und Märchen einen festen Platz sichert. Amüsant, facettenreich und sehr intelligent!

Das Frühlingstreffen - i earini synaxis ton agrofylakon. Griechenland 1999. Regie: Dimos Avdeliodis. Mit Angeliki Malanti, Angelos Pantelaras. Verleih: Filmladen. 178 Min.

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