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Über hundert Afrikaner wurden 1999 im Zuge der "Operation Spring" verhaftet und später verurteilt. Gerecht und fair? Eine Dokumentation nährt Zweifel.

In den frühen Morgenstunden des 27. Mai 1999 stürmen in ganz Österreich insgesamt 850 Polizisten gleichzeitig Wohnungen und Flüchtlingsheime. Der Name dieser Aktion: "Operation Spring". Es ist die größte koordinierte Polizeiaktion seit 1945. Insgesamt werden über hundert Schwarzafrikaner verhaftet.

In den nachfolgenden Prozessen wird zum ersten Mal Belastungsmaterial verwendet, das durch den "großen Lauschangriff" gewonnen wurde, und erstmalig treten Zeugen vermummt vor Gericht auf. Alle Angeklagten werden verurteilt, zu insgesamt mehreren hundert Jahren Haft. Das mediale Echo war enorm: Es war offenbar gelungen, die Bosse eines international agierenden nigerianischen Drogenrings festzunehmen.

Tatsächlich? Die Dokumentarfilmer Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber befragten Angeklagte, Verurteilte, Richter, Anwälte, Zeugen und Berichterstatter. Mit dazwischenmontierten Berichten von orf und Tageszeitungen decken sie die Diskrepanz auf zwischen dem eindeutigen Bild in den Medien, das auf einen großen Erfolg hindeutet, und den unklaren anonymen Zeugenaussagen, den zweifelhaften Übersetzungen eines nicht vereidigten Dolmetschers und einer äußerst fragwürdigen Gerichtspraxis.

Während der Verhandlungen haben die Anwälte lange Zeit keinen Zugang zu den belastenden Beweisen - jenen undeutlichen Aufnahmen, auf denen angeblich etwa "eine Kassette mit Drogen" übergeben wurde. Vielleicht war es aber auch eine Videokassette. Oder ein Buch. Doch der Dolmetscher, der zufällig auch ein hoher nigerianischer Staatsbeamter ist, übersetzt eindeutig: "Wieviel Heroin hast du heute verkauft?" - Merkwürdig nur, dass ein viel später zugelassener zweiter Dolmetscher zu einem völlig anderen Ergebnis kommt.

Wenige Wochen vor der Polizeiaktion war der nigerianische Schubhäftling Marcus Omofuma während seiner Abschiebung ums Leben gekommen, Proteste gegen Polizeigewalt waren die Folge. Von den Demonstrationen gibt es Videoaufnahmen - und viele, die auf diesen Aufnahmen zu sehen sind, haben bei den Verhaftungen oberste Priorität. Ein Zufall?

Musste der Lauschangriff Erfolg haben, um die hohen Kosten und das umstrittene Gesetz zu rechtfertigen?

Der Film "Open Spring" stellt viele Fragen und liefert keine vorgefertigte Meinung. Vielmehr deckt er ebenso spannend und sachlich die fragwürdigen Methoden des hiesigen Justizsystems auf - mitten in Österreich, im demokratischen Herzen Europas.

Operation Spring

A 2005. Regie: Angelika Schuster,

Tristan Sindelgruber. Mit Lennart

Binder, Ute Bock, Nina Horacek.

Verleih: Stadtkino. 95 Min.

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