Im Olymp der Aufklärung

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Franz Vranitzky verdankte ihm den Hautgout eines Unsagers: "Wer Visionen hat, braucht einen Arzt": Der (Ex-)Bundeskanzler dementierte stets, Urheber dieses Ausspruchs zu sein (durchaus glaubwürdig, denn gleiches Zitat wurde, lang vor Vranitzky, dem deutschen Amtskollegen Helmut Schmidt zugeschrieben). Hubertus Czernin hatte das (Un-)Gesagte vom SPÖ-Parteitag 1988 via profil kolportiert.

Vielleicht rührt daher das wohl mehr als ambivalente Verhältnis zwischen dem Kanzler und dem späteren profil-Herausgeber (1992-96): Über eine Fotomontage, die ihn im Adamskostüm auf dem profil-Cover zeigte, war Vranitzky außer sich - und die Eigner des Politmagazins schassten Czernin: Vermutlich bildete die Kanzler-Majestätsbeleidigung einen willkommenen Anlass, den unbequemen Linksliberalen loszuwerden.

Die öffentliche Aufdeckung der Kriegsvergangenheit Kurt Waldheims (1986) war sein Werk, später, auch als Verleger, blieb er der Investigation und der journalistischen Analyse treu, etwa durch die penible Chronique scandaleuse des Falles Groër (1999) und - wieder und wieder - Bücher über Jörg Haider und die Folgen.

Von der Affäre Waldheim zur Aufarbeitung des österreichischen NS-Kunstraubes war es ein logischer Weg, den Hubertus Czernin weiter beschritt: Ohne seine insinuierenden Recherchen hätten die Bloch-Bauer-Erben kaum die Klimt-Ikonen aus dem Belvedere restituiert erhalten.

Es war Hubertus Czernin letzte Genugtuung, den Erfolg dieser journalistischen Bemühungen um historische Gerechtigkeit miterleben zu können. Seine "Bibliothek des Raubes" umfasste zuletzt neun Bände und sichert dem leidenschaftlichen Publizisten Czernin, der am Sonntag 50-jährig seiner heimtückischen Zellkrankheit erlegen ist, einen Platz im Olymp des aufklärerischen Journalismus.

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