Kein beschauliches Blatt

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Die Ära des Zeitschriftenapostolats ist vorbei; heute wirkt Welt der Frau durch Understatement

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Die Ära des Zeitschriftenapostolats ist vorbei; heute wirkt Welt der Frau durch Understatement

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In Zeiten von "Formil" und "Krokufellwaz" haben Nischenprodukte nichts zu lachen. "Und man könnte sagen, wir sind ein Nischenprodukt." Christine Haiden, seit 1993 Chefredakteurin der Monatszeitschrift Welt der Frau, sieht den Gegebenheiten der österreichischen Medienlandschaft realistisch ins Auge. Wie andere Besetzer medialer Nischen will man die Leserschaft primär durch Inhalte und weniger durch opulente Aufmachung gewinnen. Und wie die meisten Nischenokkupanten hat man zu kämpfen. Seit der Blütezeit in den fünfziger und sechziger Jahren und einem weiteren Höhepunkt im Jahr 1989 (mit 78.000 Abonnements) verzeichnet der Herausgeber der Zeitschrift, die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö), rückläufige Zahlen. "Wir haben jahrzehntelange Abonnentinnen, die uns langsam wegsterben. Und nachdem die christliche Klientel schrumpft, ist es auch schwierig, neue zu gewinnen", beschreibt Eleonore Bayer, dienstälteste Welt der Frau-Redakteurin und Öffentlichkeitsreferentin der kfbö, die gegenwärtigen Probleme. Dennoch: Mit einer monatlichen Auflage von 61.000 Stück und einer Leserzahl von 281.000 (davon 46.000 Männer!) ist die Welt der Frau hinter Eltern die zweitgrößte Frauenzeitschrift Österreichs.

Grund zur Freude beschert der kleinen Linzer Redaktion nicht nur die aktuelle Media-Analyse, sondern auch der Printissimo-Anerkennungspreis der österreichischen Papierindustrie. Das Monatsmagazin, gedruckt im Niederösterreichischen Pressehaus, zählt demnach in der Kategorie "Masse mit Klasse" zu den schönsten Druckwerken auf österreichischem Papier. Die Jury fand für ihre Entscheidung noch einen weiteren Grund: In einer Welt voll lauter, klotziger und protziger Töne besteche dieses Blatt durch Ruhe.

Nicht als ruhiger Pol, vielmehr als missionierende Kraft im Geiste des Zeitschriftenapostolats wurde das Medium im Jahr 1946 aus der Taufe gehoben - freilich unter anderem Namen. Licht des Lebens lautete der Titel der Schrift, mit deren Hilfe "die Männer das Bild der christlichen Frau, das sich auf Küche, Kinder, Kirche konzentriert hat, unters Volks bringen wollten", blickt Eleonore Bayer auf die Anfänge zurück. Bereits 1947 wurde das Blatt von der kfbö übernommen und verlegte den Redaktionssitz nach Oberösterreich, wo die kirchliche Frauenorganisation mit 60.000 Mitgliedern nach wie vor am stärksten organisiert ist und mit 120.000 einen Großteil aller Welt der Frau-Leserinnen verzeichnet. 1964 schließlich wurde der Titel Licht des Lebens endgültig zu Grabe getragen - "gegen den Willen der Bischofskonferenz", betont Bayer. "Man wollte kein frommes, beschauliches Blatt machen, sondern sich öffnen für die Probleme der Frau." Fortan rankten sich die Themen um weibliche Herausforderungen in Familie, Kirche, Gesellschaft und Beruf.

Heute reicht der Abonnentinnenkreis von Leserinnen "mit einem sehr konservativen Frauenbild" über feministische Theologinnen bis hin zu Frauen, "die mit der Kirche nichts zu tun haben", weiß Chefredakteurin Christine Haiden. Ebenso bunt wie die Leserschaft ist auch die Themenpalette: Sie umfasst heiße Eisen wie Homosexualität oder die Amtsfrage gleichermaßen wie die Lebensziele der "neuen Bäuerinnen"; das (nicht vorhandene) Kartellrecht wird ebenso thematisiert wie der Balkankrieg; und Werke heimischer Künstlerinnen finden neben Internet-Tipps und Rezepten ein öffentliches Forum.

Stolz ist die vierköpfige Redaktion vor allem auf das rege Leserbriefecho von Männern. Jüngste Replik: "Schon immer habe ich die Zeitschriften gelesen, die meine Frau bestellt hat." Was können sich (Medien-)Frauen Schöneres wünschen.

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