Kein großer Sieg über die Zeit

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"Time Machine" nach dem Roman von H.G. Wells bleibt in seiner Neuverfilmung belanglos.

Wer hat sich als Kind nicht einmal vorgestellt, quer durch die Zeit zu reisen, zurück und nach vor in ferne Welten, die zwar den gleichen Ort, aber eine andere Zeit mit sich bringen. Einen Blick erhaschen, wie das zukünftige Leben ablaufen wird, ohne dabei zu altern. Oder zuzusehen, wie dereinst gelebt, geliebt und gehasst wurde. H.G. Wells nährte schon vor über hundert Jahren mit seinem Roman "The Time Machine" eben jene Träume, die alle etwas mit Unsterblichkeit und dem Beherrschen der Zeit und darob auch der Welt zu tun haben.

H.G. Wells' Buch wurde in den 60er Jahren schon einmal verfilmt und entführte damals eine ganze Generation junger Kinogänger in seinen Traum vom Sieg über die Zeit. Was einmal klappt, funktioniert auch beim zweiten Mal, wird sich der Urenkel des Autors, Simon Wells, gedacht haben, als er die Regie zur Neuverfilmung von "Time Machine" übernahm. Und obwohl der vom Trickfilm kommende Regisseur viel Erfahrung mit Zeitreisen im Film haben dürfte (er entwarf die Storyboards zur erfolgreichen Trilogie "Zurück in die Zukunft"), misslang ihm der Versuch, dem Erbe seines berühmten Vorfahren gerecht zu werden. Was wie eine zurückhaltende, fast biedere Geschichte beginnt, artet nämlich recht bald in eine belanglose Special-Effects-Orgie aus.

New York 1899: Der Wissenschafter und Erfinder Alexander Hartdegen (Guy Pearce) arbeitet fieberhaft an der Erfindung der Zeitmaschine. Als ihm die Liebste in seinen Armen wegstirbt, will er das Geschehene ungeschehen machen und reist mit seiner nun geglückten Erfindung zurück in die Zeit. Bald aber merkt er, dass die Vergangenheit nicht zu ändern ist, und er sucht sein Glück in der fernen Zukunft. Zunächst im New York von 2030, dann 800.000 Jahre später, ebendort. Die Erde, mittlerweile zerstört, beherbergt dann zwei Spezies von Menschen: Die guten, die an der Oberfläche leben, und die Bösen (deren Anführer von Jeremy Irons gespielt wird) unter der Erde.

Beeindruckend ist natürlich, was die Hollywood-Tricktechnik heute so alles auf den Schirm zaubert, vor allem, wenn der Protagonist mit seiner Zeitmaschine durch die Jahrhunderte rast und ringsum im Zeitraffer ganze Häuser, Städte, Welten entstehen und wieder in sich zusammenbrechen. Auch an der Ausstattung hat hier niemand gespart, doch die Dialoge kippen ab der Mitte in platte 08/15-Sager um, die sich in jedem Hollywood-Film finden, in dem es auch um die Liebe geht. Zu einem sinnvollen Gedankenexperiment verleitet "Time Machine" freilich doch: Was wäre, wenn sich die Zeit tatsächlich zurückdrehen ließe? Dann ließen sich diese zwei Kinostunden genüsslich ungeschehen machen.

USA 2002. Regie: Simon Wells. Mit Guy Pearce, Samantha Mumba, Mark Addy, Orlando Jones und Jeremy Irons. 96 Min.

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