McCarthys Sargnagel

Werbung
Werbung
Werbung

Edward Murrow war alles andere als ein embedded journalist. In "Good Night, and Good Luck" hat ihm George Clooney ein filmisches Denkmal gesetzt.

Hier spricht Edward Murrow aus Wien. Es ist nun fast zwei Uhr dreißig und Herr Hitler ist noch nicht eingelangt." Mit diesen Worten legte der legendäre us-Radio-und Fernsehjournalist Edward R. Murrow den Grundstein für seinen Ruhm. Am 13. März 1938, am Tag nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich, organisierte der Leiter des Londoner CBS-Büros die erste Sondersendung der Radiogeschichte mit Live-Reportagen von verschiedenen Schauplätzen, zugeschalteten Analysen - alles von einem Studio aus zentral koordiniert. Reporter berichteten aus Berlin, Paris und Rom nach New York, Politiker in London und Washington analysierten die Lage, Murrow selbst war nach Wien geflogen und berichtete live vor Ort, zum ersten Mal in seiner Karriere.

"See It Now"

Dieser Pionier des modernen Journalismus steht im Mittelpunkt des Filmes "Good Night, and Good Luck". Aber nicht als der "Anschluss"-und spätere Kriegsreporter, sondern als Verantwortlicher für ein anderes Glanzstück des politischen Journalismus: Mit drei Ausgaben seiner TV-Nachrichtenshow "See It Now" gab er den Anstoß zum Sturz des berüchtigten Senators Joseph McCarthy, der in den fünfziger Jahren einen Kreuzzug gegen angebliche kommunistische Umtriebe führte. Künstler, Beamte, Militärs, die in den Verdacht gerieten, Verbindungen zu Kommunisten zu haben, wurden vor Ausschüsse zitiert und mit unbewiesenen Anschuldigungen konfrontiert. Murrow war der erste, der es wagte, diese Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte aufzuzeigen. Dass McCarthy den über jeden Verdacht erhabenen Murrow postwendend als Kommunisten bezeichnete, war der Anfang vom Ende des populistischen Politikers.

"Good Night, and Good Luck" - mit diesen Worten pflegte sich Murrow am Ende seiner Show zu verabschieden - behandelt jedoch nicht nur einen historischen Stoff, sondern zeigt Mechanismen auf, die nach wie vor im Fernsehen präsent sind. Er zeigt, wie Journalisten sich - in diesem einen Fall erfolgreich, aber nicht nachhaltig - gegen die inhaltliche Einflussnahme der beinahe allmächtigen Geldgeber, Sponsoren und Werbekunden zur Wehr setzen, bewaffnet allein mit der Wahrheit. Für Regisseur und Drehbuchautor George Clooney war der Film eine Herzensangelegenheit, er stand mit seinem Privatvermögen für die (vergleichsweise bescheidenen) Produktionskosten von siebeneinhalb Millionen Dollar gerade. Das Risiko hat sich gelohnt: Der schon bisher mit Auszeichnungen überhäufte Streifen wurde für sechs Oscars nominiert.

In sachlichem Schwarzweiß gehalten, untermischt mit Originalbildern aus dem Archiv, kommt "Good Night, and Good Luck" ohne jegliche Action oder Effekthascherei aus - und ist dabei spannend wie ein Thriller. Sogar auf spannungserzeugende Musikuntermalung konnte verzichtet werden, nur zwischendurch beschwören sanfte Jazznummern eine andere, angenehmere Fünfziger-Jahre-Atmosphäre als jene des McCarthyismus herauf. Ein großes Lob dem Verleih, dem es zu verdanken ist, dass dieser Film in der amerikanischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln in die österreichischen Kinos kommt.

Journalist prinzipientreu

David Strathairn an der Spitze des großartigen Ensembles verkörpert Murrow als unbeugsamen, allein der Objektivität verpflichteten Vollblutjournalisten. Einer, der auch nicht von seinen Prinzipien abweicht, um einem freundschaftlich verbundenen Kollegen den Kopf zu retten. Einer, der nicht davor zurückscheut, in einer historischen Rede vor Fernsehbossen Abhängigkeit von der Werbewirtschaft, Quotendruck und seichte Programme vernichtend abzuurteilen: Im großen und vielleicht entscheidenden Kampf gegen Unwissenheit, Intoleranz und Gleichgültigkeit könne das Fernsehen eine nützliche Waffe sein; lehrreich, erhellend, ja inspirierend, aber nur insoweit, als es in diesem Sinn benutzt werde. Ansonsten sei es nichts weiter als eine Kiste mit Drähten und Lichtern.

Nicht nur ein hervorragender, nein: ein großer Film, sondern auch das ist "Good Night, and Good Luck": eine knallharte Abrechnung mit dem Medium Fernsehen.

GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK

USA 2005. Regie: George Clooney. Mit David Strathairn, George Clooney, Robert Downey Jr., Frank Langella. Verleih: Stadtkino. OmU. 90 Min.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung