Schummeln wie Cyrano de Bergerac

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"Wohnhaft im Hotel-Mama, Hobbys: Computer, Tischtennis“ - und dazu ein überbelichtetes Handyfoto mit Badezimmerkulisse. Die Profile auf Online-Partnerbörsen sind in den Augen beziehungswilliger Männer und Frauen nicht immer allzu ansprechend. Unter anderem für solche Fälle haben Andreas Laufer und Ingo Möbius vor zwei Jahren - in einem Münchener Biergarten sitzend - die Idee einer Ghostwriting-Agentur geboren. Bei diesem aus den USA stammenden Konzept (besser bekannt als "Virtual Dating Assistant“) wird Klienten auf Wunsch unter die Arme gegriffen: angefangen von der Gestaltung ihres Profils bis hin zum Auftritt beim ersten leibhaftigen Treffen. Vor gut einem Jahr haben die beiden Freunde schließlich die Agentur "Suredate“ gegründet - und organisieren seither romantische Verabredungen für Singles, die sich das eigene Durchklicken von Profilen und Chatten ersparen wollen. Gemeinsam mit dem Kunden werden potentiell passende Partnerinnen oder Partner ausgewählt, anschließend nimmt Ingo Möbius unter dem Namen des Klienten Kontakt auf. Dass die charmanten Liebesbriefchen - wie in Edmond Rostands Versdrama "Cyrano de Bergerac“ von 1897 - in Wahrheit ein Ghost-Writer verfasst, der für den Chat und ein zustandekommendes Treffen noch dazu Geld kassiert, wissen die angeschriebenen Personen nicht.

Vermeiden, dass sich jemand ins "Schriftbild“ verliebt

"Meist erfahren sie es auch im Nachhinein nicht“, ergänzt Andreas Laufer - und relativiert sogleich: "Natürlich machen wir keine Falschaussagen und passen den Schreibstil individuell an. Eine kleine Prise schwarzer Humor kommt immer gut an und ein gewisses Maß an Flirten ist unabdingbar. Dass sich jemand schon ins, Schriftbild‘ verliebt, wollen wir aber vermeiden.“ Sie selbst, betonen die beiden Flirt-Assistenten, seien natürlich resistent gegen schmeichelnde Worte, für sie sei das "reine Profession“. Moralische Bedenken haben sie jedenfalls keine. Auch Politiker würden das Schreiben von Reden ihren Assistenten überlassen. "Außerdem übertreiben wir nicht“, meint Laufer im FURCHE-Gespräch.

Waren ihre Kunden früher mehrheitlich männlich, so habe sich das im Jänner dieses Jahres nach einem Fernsehauftritt deutlich geändert, erklärt er: "Mittlerweile haben wir gut 70 Prozent Frauen, die platte Avancen von Männern, die nur, das Eine‘ wollen, schlicht leid geworden sind.“ In ihrem Auftrag klickt Möbius männliche Profile durch und lenkt im Chat die Konversation in Richtung eines möglichst raschen Treffens. Sobald ein Termin steht, wird der Kunde über Zeit und Ort informiert; außerdem erhält er den Nachrichten-Verlauf zugesandt, um peinliche Wissenslücken zu vermeiden. "Liebespaare sind auf diese Weise schon einige entstanden“, erklärt Andreas Laufer, der im Unterschied zu seinem Kollegen selbst verheiratet und Vater einer fünfjährigen Tochter ist. "Hochzeiten gab es aber noch keine.“

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