Stadlers ORF-Darbietungen

Werbung
Werbung
Werbung

In einem Rechtsstaat muss jeder Angeklagte einen fairen Prozess bekommen. Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Verhandlung sondern zu einer öffentlichen Diskussion, sollte auch diese gerecht sein. So oder ähnlich wird es den ORF-Redakteuren durch den Kopf gegangen sein, als sie die letzten Samstag auf ORF 2 ausgestrahlte Sendung "Volksanwalt" konzipierten. Denn im Mittelpunkt der Folge stand wie schon in der Woche davor Volksanwalt Ewald Stadler. Wie es sich für einen öffentlich-rechtlichen Sender mit einem öffentlichen Programmauftrag gehört, sollte diesmal jedoch nicht seine zutiefst private Verwirrung der österreichischen Nachkriegsgeschichte zum Thema gemacht werden (sogar für österreichische Verhältnisse ein alter Hut), sondern seine Kompetenz als Vertreter des österreichischen Bürgers. Also: Was taugt Ewald Stadler als Volksanwalt?

Die Antwort auf diese Frage gab Moderator Peter Resetarits dann auch ganz nach dem Motto: "Gebt ihm noch eine Chance" - also durchaus demokratisch. Dafür wurden die kniffligsten Fälle des vergangenen Halbjahres hervorgekramt, vorgestellt und analysiert. Eine Lärmschutzwand machte zum Beispiel eine neue Zufahrt zu einem Gasthaus entlang eines Fahrradweges erforderlich. Auftritt des Volksanwalts, ausgerüstet mit Maßband und handfesten Argumenten gegen gesetzlich vorgeschriebene Maße von Fahrradwegen, die nur hinderlich seien. Denn: "Der Bürger will einfache Lösungen." Exzellent auch die Darbietung Stadlers vor einer empörten Bürgerschaft, deren Leben durch eine lärmende und stinkende Fabrik unmöglich gemacht wird: "Ich wollte mir schon einen Strick nehmen ...", so eine verzweifelte Rentnerin. Doch Rettung naht bereits in Gestalt eines freundlichen jungen Herrn in modischem Anzug und Bärtchen, der jedem Einzelnen die Hand schüttelt - sehr volksnah.

Am Ende konnten zwar nur zwei von vier Fällen zufriedenstellend gelöst werden, doch Stadler hatte seine Chance genutzt. Die Sendung bot ihm eine Bühne, wie er sie zuletzt nur in Seebarn zur Verfügung hatte. Und zuvor am 8. Mai in Wien.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung