Tristesse im Plattenbau

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Vincenzo Marra zeigt in "Vento di Terra" die Verarmung in den westlichen Industriestaaten am Beispiel Neapels.

Mit einer Panoramaaufnahme von Neapel öffnet und schließt "Vento di Terra". Damit ist der Rahmen des zweiten Spielfilms von Vincenzo Marra abgesteckt. Wir befinden uns in einer Plattenbausiedlung in der süditalienischen Millionenstadt, die Handlung könnte aber in jedweder urbanen Peripherie auf der Welt spielen. Vincenzo hat es in seinen jungen Jahren nicht leicht. Seine Mutter näht Tag und Nacht, die Schwester ist auf Jobsuche ohne Aussicht auf Erfolg und der Vater arbeitet in einer Keramikfabrik ohne Zukunft. Zudem droht die Familie ihre Wohnung zu verlieren. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, stirbt der Vater plötzlich. Vincenzo fühlt sich gezwungen, Verantwortung zu übernehmen.

Tristesse regiert das Leben dieser Menschen, die tagtäglich ums Überleben kämpfen. Die Hoffnungslosigkeit steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Von diesem Leben scheinen sie nichts mehr zu erwarten. Welche Gedanken und Geheimnisse sich hinter den traurigen Augen verbergen, lässt sich nur erahnen, denn das Sprechen darüber ist zu schmerzhaft. Vincenzo Marras direkter und ungeschönter Blick erinnert an Arbeiten von Ken Loach, Sandrine Veysset oder der Brüder Dardenne und vermag gerade dadurch die Zuschauer zu echten Gefühlen zu bewegen. "Vento di Terra" ist auch ein äußerst politischer Film. Er zeigt die Verarmung in den westlichen Industriestaaten und wie die Betroffenen diesem Schicksal entfliehen: Sie werden Soldaten - Menschenmaterial für die Kriege der Reichen.

VENTO DI TERRA

I 2004. Regie: Vincenzo Marra. Mit Vincenzo Pacilli, Vincenza Modica, Edoardo Melone. Verleih: Stadtkino Wien. 90 Min.

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