Vergessene Tragödie

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"Fische essen Leichen - ich habe seit damals nie wieder Fisch gegessen." Auch nach Jahrzehnten sitzt der Schock noch tief. Die wenigen Überlebenden werden die Bilder des Grauens wohl nie vergessen.

Am 30. Jänner 1945 sank das Passagierschiff "Wilhelm Gustloff", das über 5.000 Flüchtlinge aus Ostpreußen transportierte. Insgesamt waren etwa 6.600 Menschen an Bord, als Torpedos eines sowjetischen U-Bootes das ehemalige NS-Urlaubsschiff versenkten. Nur knapp 1.200 Menschen überlebten.

Günter Grass verarbeitete den tragischen Stoff vergangenes Jahr in seiner Novelle "Im Krebsgang" (die Furche berichtete).

Maurice Philipp Remy, einer der erfolgreichsten Dokumentarfilmer Europas, beschäftigte sich schon 1993 mit dem Untergang des NS-Schiffes und schuf mit "Der Tag an dem die Gustloff sank" einen meisterhaften Dokumentarfilm, der mit Sensibilität und Authentizität besticht. Remy lässt Überlebende erzählen, deren lebhafte Erinnerungen das volle Ausmaß des tragischen Untergangs wiedergeben.

Die ergreifenden Interviews zeichnen die Schreckensstunden der Katastrophe detailreich nach, die an einem scheinbar verfluchten Datum ihren Lauf nahm: Genau zwei Jahre davor, am 30. Jänner 1943, wurde das Ende der in Stalingrad eingeschlossenen 6. Armee offenkundig. Am 30. Jänner 1933 kam Hitler in Deutschland an die Macht. Und schließlich wurde am selben Tag im Jahr 1895 Wilhelm Gustloff geboren, der Führer der Schweizer Nazis, nach dem das Unglücksschiff benannt wurde. Deshalb war es auch kein Zufall, dass 3sat Remys Meisterwerk am 30. Jänner dieses Jahres im Programm hatte. Zweifellos war der Donnerstag kein heiterer Fernsehabend, doch ein ausgezeichneter Dokumentarfilm wie dieser ist auf jeden Fall eine Bereicherung.

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