Vielfältiges Schwarzweiß

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Marjane Satrapis "Persepolis": Ein autobiografisches Comic als überwältigender Animationsfilm.

Comics sind typische Aushängeschilder der Popkultur: Sie geben ihre Botschaften in knappen, vereinfachten Darstellungen wieder, ohne dabei oberflächlich sein zu müssen. Gerade im visuellen Verknappen von Details liegt oftmals der Fokus viel konzentrierter auf dem Wesentlichen. Insbesondere gilt das für die Arbeiten von Marjane Satrapi, die von ihren autobiografischen Comic-Romanen mit dem Titel "Persepolis" weltweit eine Million Stück verkaufte. Satrapis elegante, kontrastreiche Schwarzweiß-Malerei ist lediglich ein visuelles Kennzeichen ihrer Kunst. Die Botschaft dahinter könnte vielfältiger nicht sein.

Satrapi hat "Persepolis" nun auch verfilmt. Als Animations-Film der besonderen Art, weil er der Struktur und der Optik der Comics unbeirrt folgt. Ein optisches Meisterstück mit einer weltweit gültigen Botschaft: Satrapi wuchs in einer linken Mittelstandsfamilie in Teheran auf. 1984 schickten ihre Eltern sie nach Wien, damit sie den Auswirkungen der islamischen Revolution entfliehen konnte. Heute lebt sie in ihrer Wahlheimat Paris. In "Persepolis" verarbeitet sie ihre Eindrücke der Welt zwischen Orient und Okzident.

Die Geschichte dreht sich um die achtjährige Marjane, ein widerspenstiges Mädchen, das lieber Abba hört, anstatt Kopftücher zu tragen. Die Mullahs reißen die Macht an sich, die Freiheit bleibt auf der Strecke und Tausende landen im Zug der Islamischen Revolution im Gefängnis. Marjane macht zu dieser Zeit erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht - ist aber aufgrund der gesellschaftlichen Lage bald in Gefahr.

Skurril sind die Erfahrungen, die sie auf ihrer Flucht macht: In Wien etwa sind Vermieterinnen alte scheinheilige Weiber und Hunde fressen Sachertorte.

Der Film, den Satrapi mit Co-Regisseur Vincent Paronnaud realisierte, behält die Auswirkungen der Politik auf die iranische Jugend streng im Blick, untergräbt aber auch so manches Vorurteil, dass der Westen gegen den Orient pflegt. "Persepolis" erhielt heuer in Cannes nicht nur den Spezialpreis der Jury, sondern auch minutenlange stehende Ovationen. Der Grund dafür: Nicht, weil "Persepolis" ein Trickfilm von bestechender Qualität ist, der sich der Mittel der Einfachheit bedient, sondern vor allem, weil seine Geschichte von einem Leben erzählt, von dem man mancherorts viel zu wenig weiß.

PERSEPOLIS

F 2007. Regie: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud. Mit den Stimmen von Chiara Mastroianni, Catherine Deneuve, Danielle Darrieux, in der deutschen Fassung: Jasmin Tabatabai, Nadja Tiller, Hanns Zischler. Verleih: Polyfilm, 96 Min.

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