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Belanglose Collage

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Stellen Sie sich vor, man vertonte die „Zeit im Bild” des Jahres 2000! Die Nachrichten, die Politikerinterviews drehen sich um ein neues, originelles Thema: den Frieden. Bis zum zweiten Finale badet die Öffentlichkeit, ununterbrochen telefonierend, im Dampfbad, knallt ein Politbüro ins Publikum, bestellen die Geheimdienste einen General und seinen Doppelgänger, spielt ein Militär mit den Flaschen der Bar Krieg.

Schwertsik hat sich der Identifikationsmöglichkeit, die die Operette dem Publikum bot, verweigert. Sein Liebespaar Olga - vom KGB - und Zefir - vom Party-Service - deutet die Liebe nur an. 75 Rollen für 19 Solisten, 16 Bilder braucht Librettist Theodor Körner, um die Geschichte von der Vorbereitung des großen Friedensfestes zu erzählen.

Liebevoll-virtuos inszeniert, in einem sorgfältig gestalteten Ambiente, hat das Team um Regisseur Jürgen Tamchina Schwertsiks Werk beste Bedingungen geboten; als Dirigent dieser Bonner Opernproduktion ist Dennis Rüssel Davies aufgeboten.

„Ich entleihe mir nichts bei Beethoven oder Debussy, weil ich es ihnen nicht mehr vergelten kann”, meinte Leos Janäcek einmal. Kurt Schwertsik möchte mit seiner Technik der Collage - von Weill bis Debussy, vom Samba bis zum Kirchenchor - das jeweils Passende aussuchen. Das durchaus virtuose Stückwerk musikalischer Stile aber bewirkt Belanglosigkeit, verhindert jegliche Ergriffenheit. Das musikalisch Erquicklichste sind die Zwischenspiele -in ihrer musikalischen Hinweislosig-keit gerade richtig. Da knüpft der Wiener des Jahrgangs 1935 an die Tradition der Theaterkomponisten um Nestroy an. Schwertsik hat sein Ziel zu unterhalten erreicht - viele verließen mit einem Lachen der Erleichterung über das Ende der Langeweile das Theater an der Wien.

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