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„Cuadro Ana Maria”

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Die Scheinwerfer blenden auf, und aus dem Dunkel tauchen zwei schmale Frauengestalten auf, deren Köpfe von einer riesigen Rose gekrönt sind. In wundervollen Farben aufleuchtende Seidenstoffe umschließen eng die zunächst regungslos verharrenden Körper und öffnen sich unter dem Ellenbogen- und Kniegelenken zu blütenartigen Gebilden, die, jedem Bewegunigsimpuls folgend, gleichsam einen optischen Kontrapunkt zum Rhythmus der stampfenden Füße, der klatschenden Hände und der schnippenden Finger bilden. Diese kontrastierenden und absolut individuellen Elemente vereinen sich mit den Klängen der Gitarre, dem Rufen. Singen und Schreien der Tanzenden und dem Gesang des Solisten zu einem eigentümlich anziehenden und dabei unwiderstehlich bezwingenden Etwas, dem der Name „Flamenco” eigen ist. Eine allgemein akzeptierte Erklärung für diesen gibt es bisher nicht, ebensowenig wie für das Phänomen „Flamenco” selbst, in welchem sich künstlerische Ausdrucksfarmen dreier Kontinente spiegeln.

Angesichts der kostbaren Frauenkostüme hat man sofort erkannt: „das ist Indien”, und mit dem Einsetzen rasanter Rhythmen im Zweivierteltakt, welcher in der Vorstellung nicht ausschließlich dominiert, jedoch dieser das Gepräge gab, fühlte man deutlich die Verwandtschaft mit russischen und ungarischen Tänzen, deren Heimat wohl in der innerasiatischen Steppe zu suchen ist. Hört man dann die süßen Gesänge und die prickelnden Rhythmen im Dreierund Sechsachteltakt aus Andalusien, spürt man einen Hauch des alten Arabien und erfaßt plötzlich, daß im Zusammenfließen der Kunstströme dieser Welten, deren seit ur- denklichen Zeiten wandernde Gesandte die Zigeuner waren, das Geheimnis „Flamenco” beschlossen ist.

Der hochinteressante Abend fand auf Einladung der Österreichisch- Spanischen Gesellschaft der Flamenco-Gruppe „Cuadro Ana Maria” aus Marbella in Südspanien statt und bedeutete einen vollen Erfolg für die Leiterin der Gruppe Ana Maria Moya, die Tänzerin Lucia Montez, den Tänzer Jose Miguel Mora, den Sänger Manuel Cortes und den Gitarristen Francisco Soler. Überaus lebhafter, lang anhaltender Beifall.

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