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Der Polin Reiz

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Als Fünfziger war er bereits ein würdiger, bärtiger Privatier, nahm er in seinem Badener Domizil kaum mehr den Notenbleistift in die Hand, dafür aber um so häufiger die Schreibfeder — der Meister Franz Millöcker, der es durch ausgebreitete Korrespondenz zu einer großen Ansichtskartensammlung brachte. Nach seinem Tod erbte die Stadt Baden die vielen tausend Karten als Zuwaag' zu einem wesentlich wertvolleren Legat: sämtlichen Original -partituren Millöckers (nun im Badener Rollett-Museum aufbewahrt).

Verständlich also, daß Baden immer wieder gerne seine Dankespflicht wahrnimmt und dem Wiener Goldschmiedsohn Franz Millöcker, der auch in seinem musikalischen Schaffen immer ein „Ziselierer“ war, alle Ehre erweist. „Der Bettelstudent“ leitete den heurigen Operettensommer in der Arena ein. Glückliche Zeiten, da man sich von einem so ernsten Thema wie der Geschichte der polnischen Widerstandsbewegung gegen August den Starken zu einer dreiaktiken Anekdote von sarmatlscher Buntheit anregen ließt

Walter Sofka griff für seine Inszenierung zu einer textlichen Bearbeitung, die neben den Namen der renommierten alten Firma Zell & Genee die Etikette „Dr. Carl Hagemann“ trägt, und bietet einen vergnüglichen Abend Im „Arena“-Stil der klug auf die Gegebenheiten abgestimmten Reminiszenzen an die Glanzzeit der Wiener Operette. Damit hat sich Baden nicht wenige Freunde gewonnen, die auch diesmal in den Kurpark kamen. Auf der kleinen Bühne neben der Römerquelle ließen Lilo Wollner, Carmen Carus, Hansl Hübl, Heribert Ronge und Theo Thünken ihr badnerlsch-wlenerisches Krakau erstehen, assistiert von Gottfried Nowak, einem vollsaftigen Miles glorlosus Ollendorf, und dem routiniert sächselnden Franz Heinz Dopler. Am Pult sorgte Heinz Norfolk für guten alten Operettenzauber. Wie hübsch wäre es, wenn sich Baden nun endlich auch die Mitarbeit eines jungen Bühnenbildners sicherte, der mit geringem Aufwand, dafür aber mit guten neuen Ideen originellere szenische Gestaltungen schüfe.

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