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„Lado“ — Lieder und Tänze

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Im Rahmen der Zagreber Wochen, die derzeit in Wien stattfinden, gastierte im Großen Konzerthaussaal das kroatische Volkslieder- und Volkstanzensemble „Lado“. Es ist aus einer jener vielen städtischen Amateurfolkloregruppen hervorgegangen, wie sie sich in den ersten Nachkriegsjahren gebildet haben. Seit 1949, nach einer ersten staatlichen Auszeichnung, wurde „Lado“ ein professionelles Ensemble, das auch viel im Ausland gastiert und bei der EXPO 67 in Montreal einen ersten Preis erhielt.

Der Leiter und Chefchoreograph des Ensembles war und ist Professor Zvonko Ljevacovic. Was seine 50 Burschen und Mädel vorführen — Tänze, Lieder und Musikstücke — ist aus dem überreichen Schatz unserer südöstlichen Nachbarn geschöpft. Man serviert diese Stücke aber nicht im Rohzustand, sondern in sorgfältigen und — nicht zuletzt — wirkungsvollen Bearbeitungen. Es tanzen also nicht Burschen und Mädel aus dem Banat und der Batschka, aus Vrlika, der Baranja und von der Insel Susak ihre heimatlichen Tänze, sondern jeder aus dem Ensemble ist an jeder Stelle einsetzbar.

Die vielfarbige Skala reicht von nach dem Westen benachbarten Liedern und Tänzen aus Slowenien (mit Anklängen an Böhmisches, ja an Alpenländisches) über die bald gebändigte, bald explodierende Kraft der Tänze aus Ostserbien und der Komiten, bis zu dem schon ganz orientalisch wirkenden Brauttanz aus Mazedonien mit Kostümen von erlesener Pracht wie aus

„1001 Nacht“, in denen die Tänzerinnen hochstilisierte, meist rechtwinklige, fast ägyptisch anmutende Gesten ausführen. Die Kostüme allein, von denen das Ensemble mehr als 500 zeigte, sind ein Fest fürs Auge. Aber es ist mehr als der Glanz der Gewänder, auch wenn diese aus teurer Seide und Samt bestehen, die sich die Frauen von Bunjevac vor 50 Jahren in Lyon gekauft haben:

Von diesen schönen, meist jungen Menschen und ihren Darbietungen geht eine Wirkung aus, welche die moderne Medizin als „tonisch" bezeichnet: lebensvoll, kräftigend und ermutigend; eine reine, frische Quelle und eine Oase inmitten der existentialistischen Leere, wie sie uns aus manchen zeitgenössischen Theater- und Musikstücken entgegengähnt. (Die Verachtung, ja Verdammung der Folklore in gewissen Kompositionsschulen zeigt deutlich die Einstellung zu diesem Phänomen.)

Kaleidoskopisch wechselnd wie der Charakter und die „Farben“ der einzelnen Tänze ist auch die Musik, die von jeweils anders zusammengesetzten Ensembles ausgeführt wird, wobei die Klangfarben des Dudelsacks, der Klarinetten und Violinen dominieren. Die Frauenstimmen haben die charakteristische Rauheit der Völker des Südens und des Südostens (wovon die Italienerin nur beim Sprechen etwas hören läßt). — Wer sich dem Eindruck des „Lado“- Ensembles einen Abend lang ohne Reserven überläßt, spürt so etwas wie einen Bergsonschen „ėlan vital“.

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