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Trapezakt einer großen Schauspielerin

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Die Nabelschnur des Telefons, die die Frau beim letzten Gespräch mit dem verlorenen Geliebten verbindet, wird zum Instrument ihrer Selbstauslöschung, die ganze Szene zum Abschied - vom Geliebten'und vom eigenen Leben. Seit 1930 ist Jean Coc-teaus Monodrama aus der Steinzeit der Telekommunikation „La Voix humaine” (deutsch: „Die geliebte Stimme”) - allerdings immer seltener - ein dankbares Solo für große Schauspielerinnen.

„Theätre pur”, Stoff für die Kunst von Mimen, sollte es nach Cocteaus Wunsch sein, ein „pretexte” für die Artistik der Darstellerin, die praktisch zwei Rollen zu spielen hat: die der Sprechenden und die nicht minder komplizierte der Hörenden. Lotte Marquardt gestaltet in Graz dieses Virtuosenstück mit ganzer Hingabe als ergreifenden Abschiedsgruß an ihr Publikum. In fast drei Jahrzehnten hat die beliebte Künstlerin den ganzen Rollenkreis von Lessings „Minna” bis zu Kleists bizarrer „Frau Brigitte” ausgeschritten und nun Cocteaus verzweifelnd und vergeblich liebende Frau in allen Nuancen der Seelenregungen, der Hoffnung, des Glücks und der stillen Besignation bis zum letalen Ende überzeugend dargestellt. Aber es ist eine unzeitgemäße Rammermusik - fast ein l'art pour l'art-Akt, der heutzutage kaum noch goutiert wird; eine Stunde der zartesten Schattierungen und der zärtlichsten Nuancen - aber es ist eine lange Stunde. Das konnte auch die große Kunst dier Lotte Marquardt nicht kaschieren.

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