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Verblaßte Provokation

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Die Zeit, in der - etwa in Schnitzlers Reigen - Sex auf der Ruhne, Blasphemie und Gotteslästerung einen über die Kunst hinausgehenden Skandal auslösen konnten, ist, wenn auch nicht ganz, so doch im allgemeinen vorbei. Das Ansinnen, gesellschaftliche Mißstände - Religion als Vorwand für persönlichen Machtanspruch, Nutzung der verfemten Außenseiterrolle für das Ausleben menschlicher Gelüste - auf der Opernbühne darzustellen, ist heute nicht mehr als ein dramaturgischer Stoff.

Zur Zeit der Uraufführung von Krzystof Pendereckis „Die Teufel von Loudon”, 1969, mögen die im Roman von Aldous Huxley transportierten Ideologien Anliegen der Zeit gewesen sein.

Jetzt, 25 Jahre später, lassen sie das Stück gestrig erscheinen. Obwohl als Hamburger Auftragswerk auf deutschen Text komponiert, ist es aus der Tradition der starken politischen Kirche in Polen entstanden.

In der ebenso attraktiv ausgestatteten (Jacqueline Gunn) wie taktvoll inszenierten (Michael Sturminger) Produktion des Wiener Operntheaters im Jugendstiltheater in Wien kam die Bedeutung des bis zum Abscheu spannenden Werks, wenn auch in seiner Monothematik enervierend, voll zur Geltung.

Die - gemessen an Klangentfaltung und Kantabilität - recht undankbaren Rollen wurden von der jungen Brigitte Pinter als Oberin sowie vom spielerisch wie sängerisch souveränen Martin Winkler getragen. Das exzellente Ensemble, begleitet vom Philharmonischen Orchester Györ (Dirigent Andreas Mit-isek), trieb die Handlung in Textdeutlichkeit und grenzenlosem Engagement zum drastischen, niemals peinlichen Höhepunkt. Pendereckis Kunst der Klangfarbe und sein Hang zur Komik ließen trotzdem die musikalische Komponente dieses Musiktheaterwerks als die schwächste erscheinen.

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