Das Drehen an der Eskalationsschraube

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Aus der Sicht des englischen Dramatikers und Vielschreibers Alan Ayckbourn ist Weihnachten ein Krisenfest. In seiner beliebten Komödie "Schöne Bescherungen" von 1980 spürt er den Abgründen der Familie nach, die sich, wer kennt das nicht, ganz besonders zu Weihnachten offenbaren. Barbara Frey hat das Well-Made-Play nun mit exquisiter Besetzung am Burgtheater inszeniert, wobei sie zu sehr auf Situationskomik setzt und das Timing vermissen lässt. Das Stück erzählt von einem weihnachtlichen Familientreffen und spielt an drei aufeinanderfolgenden Festtagen, im Hause der liebeshungrigen Belinda (gespielt von der großartigen Katharina Lorenz) und dem Bastler Neville (Nicholas Ofczarek), einem Familien-und Beziehungsflüchter, der seinen Werkzeuggurt wie einen Keuschheitsgürtel anlegt, sobald Belinda der in die Jahre gekommenen Beziehung eine Wendung zum Besseren zu geben versucht. Eine Art jüngere Ausgabe von Belinda und Neville bilden die hochschwangere Pattie (Marie-Luise Stockinger) und ihr Mann Eddie (Tino Hillebrand), auch er stets bereit zur Flucht in den Bastelraum oder in die Kneipe. Zur Familie gehören noch Nevilles misanthroper schießwütiger Onkel Harvey (Falk Rockstroh), die alkoholgefährdete Schwester Phyllis (Maria Happel) und ihr Mann, der spießige, an seiner Mittelmäßigkeit still leidende Arzt und glücklose Puppenspieler Bernard (Michael Maertens) sowie Belindas Schwester, die verbitterte, vom Leben und der Liebe enttäuschte Rachel (Dörte Lyssewski). Sie hat einen Mann mitgebracht, den stoischen Schriftsteller Clive (Fabian Krüger), der sogleich zum Objekt der Begierde der Schwestern wird und dem Desaster zusätzlich Nahrung gibt.

Die Komik des Tragischen

Zentral hängt ein großes Hirschgeweih -ein Zeichen für die gehörnten Ehemänner? Das detailverliebte Bühnenbild von Bettina Meyer mit den vielen Geschenken unter dem zu großen, mit abgeknickter Spitze dastehenden, hell erleuchteten Weihnachtsbaum sowie das herumliegende Spielzeug und die Adventkalender, die auf Kinder hinweisen, die aber nicht auftreten, ist im besten Sinne eine sprechende Bühne. Behutsam, aber stetig dreht Ayckbourn an der Eskalationsschraube, indem er das Komische dem Tragischen abringt. Denn was er zeigt sind einsame, ängstliche, leicht reizbare oder gar gehässige Menschen mit gescheiterten Beziehungen und Träumen, vergeblichen Sehnsüchten, die trotzdem immer weitermachen. Trotz der namhaften Besetzung gelingt es Barbara Frey aber kaum einmal, dieses Krisenfest so zu erzählen, als würde man in einen (Zerr-)Spiegel schauen.

Schöne Bescherungen Burgtheater, 7., 16., 25., 30. Dez.

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