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Historische Groteske

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Auf der Linie seiner bisherigen Filme segelt auch der neueste Film des Engländers Tony Richardson „Der Angriff der leichten Brigade“, der schildert, wie während des Krimkrieges von 1853 bis 1856 in der Schlacht von Balaklava 495 Kavalleristen völlig sinnlos in den Tod getrieben wurden. Gab Richardson in seinem Streifen „Bitterer Honig“, „Tom Jones“ und „Der Tod des Langstreckenläufers“ bereits bittere und zynische Analysen englischer Gesellschaftszustände verschiedener Epochen, nahm er mit „Tod in Hollywood“ treffend — nach Evelyn Waughs gleichnamigem Roman — amerikanische Geschäfte mit dem Tod aufs Korn und kehrt nun wieder nach England zurück, wo er an den sozialen Kontrasten und strategischen Konzepten des viktorianischen Zeitalters kein gutes Haar läßt.

Richardson zieht dabei noch unbarmherziger gegen den Krieg überhaupt und gegen jegliche Glorifizierung falschen Heldentums zu Felda als.; sein Regiekpllege Lester in dessen Antikriegsfilm „Wie ich den Krieg gewann“. Es ist ein wahres Vergnügen zuzusehen, wie Richardson das an sich morsche Gebäude militärischer Eitelkeiten, verbunden mit menschlicher Unzulänglichkeit, in sich zusammenbrechen läßt. Mit jedem Satz des Dialoges entlarven sich die überheblichen Methoden unfähiger Politiker ebenso wie die falschen Ansichten ehrgeizgetriebenier Offiziere, die ihre Soldaten entweder aus Verantwortungslosigkeit als Kanonenfutter verwenden oder falschen Idealen nachträumen. Gleichzeitig aber, und das ist fast das Beste an diesem perfekten Film, führt Richardson alle bisherigen Monumentalstreifen , ad absurdum, indem er deren Verlogenheit in jeder Einstellung bloßlegt. Großartig auch der Einfaill, zeitgenössische Karikaturen an Stelle von Überblendungen lebendig werden zu lassen, herrlich der Kontrast zwischen der pompösen Musik (John Addison) und den sachlich-realistischen Einstellungen des Kameramannes David Watkin, dessen Farbaufnahmen zum Besten zäh

len, das man seit langem auf der Kinoleinwand gesehen hat: in durchgehend leichter Unschärfe, pastosen Farben und konsequent logischer Lichtgestaltung erzielt Watkin jene gemäldehafte Wirkung, die den Intentionen des Regisseurs so sehr entgegenkommt. Eine Lichtgestaltung zudem, die auf die Gegebenheiten des Kerzenlichtzeitalters ausgerichtet ist.

Die Darsteller John Gielgud, Trevor Howard, Jill Bennett, Vanessa Redgrave und David Hemmings ordnen sich bedingungslos dem Regiekonzept „Mut zur häßlichen Realität“ unter. Ein großartiger und wichtiger Film!

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