lehman brothers - © Foto: © SLT / Tobias WitzgallDownload

„Lehman Brothers“ und „Die Laborantin“: Vom Stoffgeschäft zur Weltenpleite

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Franz Mayrhofer über zwei Stücke im Landestheater und im Schauspielhaus Salzburg.

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Franz Mayrhofer über zwei Stücke im Landestheater und im Schauspielhaus Salzburg.

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Am 11. September 1844 betritt Heyum Lehmann aus Rimpar in Bayern amerikanischen Boden. Das gelobte Land, weil in Europa kein Platz für junge Leute war. Er eröffnete als Henry Lehman in Montgomery, Alabama, ein kleines Stoffgeschäft und schuf damit den Grundstock für einen unvorstellbar rasanten Aufstieg eines Imperiums, das 2008 als amerikanische Bank „Lehman Brothers“ und Diktator der Wall Street zusammenbrach und eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise auslöste, die bis heute andauert.

Die 164 Jahre dazwischen zeigen einen Familienbetrieb, der Krisen, Brand und Kriege erfolgreich überstand und Nutzen daraus zog. Die Bereiche Eisen, Öl, Kaffee, Tabak, Eisenbahn bis hin zum Schild „Lehman Brothers, Bank für Alabama“ erobert der Familienclan an der Börse. Das ist ein zeitgeschichtlicher Stoff, aus dem großes Theater entstehen kann. Der italienische Autor, Dramatiker und Regisseur Stefano Massini hat nach drei Jahren Recherche eine Familiensaga daraus gemacht, die als Zeitdokument ebenso tauglich ist wie als Theaterstück.

Nach den „Buddenbrooks“ hat sich das Landestheater Salzburg mit dieser internationalen Großpleite eines zweiten ähnlichen Stoffs angenommen, in dem 121 Personen agieren – und aus dem Regisseur Claus Tröger ein Drei-Personen-Stück destilliert hat; mit überzeugender Theaterpranke und ebenso großem Erfolg. Eine Schauspielerin, Britta Bayer, und zwei Schauspieler, Axel Meinhardt und Matthias Hermann, erzählen und spielen die Geschichte sowie die einzelnen Personen und tauschen auch die Rollen gegeneinander aus – es war großartig und ein großer, zu Recht gefeierter Abend in den Kammerspielen des Landestheaters.

Von anderem Zuschnitt, grell und schrill, ist „Die Laborantin“ von der englischen Autorin und Schauspielerin Ella Road, ein Stück, das das Schauspielhaus Salzburg in den Kammerspielen zeigt. Es geht dabei um das, was längst überall praktiziert wird: Die Optimierung des Menschen ist aus der Utopie in die Realität umgeschlagen.

Im konkreten Fall geht es um Blutproben, die den Gesundheitsstatus und Infektionen oder Defekte an der DNA dokumentieren. Davon hängt auch berufliches Weiterkommen ab. Hilft bei bedrohlicher Diagnose Betteln, die Probe gegen eine gesunde auszutauschen? Dabei jemand anderem zu schaden? Mit den Fälschungen lässt sich ein Geschäft machen.

Mit diesen Problemen beschäftigen sich in der Regie von Petra Schönwald Magdalena Oettl (Bea), Enrico Riethmüller (Aaron), Sophia Fischbacher (Char) und Pit-Jan Lößer (David). Über den Applaus sollte man nicht vergessen nachzudenken, wie das hierzulande ist.

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