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Phantasticon

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Als jüngster Wunderknabe des italienischen „Showbusineß“ und bereits als Nachfolger Franco Zeffirellis vorgesehen ist Luca Roncöni, dessei „O r 1 a n d o - F u r i o s o“-Produktion aus Ariosts epischem Gedicht vom ersten Moment zum allgemeinen Gesprächsthema aller Theaterverbundenen geworden ist. Seit der Premiere im Spätsommer beim „Fest- spiel der Zwei Welten“ in Spoleto hat die Produktion schon eine Tournee durch einige italienische Städte, hinter sich gebracht und ist für die Festspiele 1970 in Jugoslawien, Edinburgh und Israel gebucht. Es ist anzunehmen, daß auch eine amerikanische Produktion folgen wird.

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Als jüngster Wunderknabe des italienischen „Showbusineß“ und bereits als Nachfolger Franco Zeffirellis vorgesehen ist Luca Roncöni, dessei „O r 1 a n d o - F u r i o s o“-Produktion aus Ariosts epischem Gedicht vom ersten Moment zum allgemeinen Gesprächsthema aller Theaterverbundenen geworden ist. Seit der Premiere im Spätsommer beim „Fest- spiel der Zwei Welten“ in Spoleto hat die Produktion schon eine Tournee durch einige italienische Städte, hinter sich gebracht und ist für die Festspiele 1970 in Jugoslawien, Edinburgh und Israel gebucht. Es ist anzunehmen, daß auch eine amerikanische Produktion folgen wird.

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Ronconi, der 1967 durch seine Inszenierung der elisabethanischen Tragödie „The Changeling“ und für seinen Richard III. (mit Vittorio Gassman in der Titelrolle) bekannt wurde, bestätigt sich nun mit seiner besonders persönlichen und originellen Konzeption dės „Orlando Furioso“ als höchstqualifizierter Regisseur.

Das mit solch brillanter Gewagtheit inszenierte Gedicht aus dem 16. Jahrhundert wurde von Edoardo San- guineti adaptiert — es entfachte das größte Entzücken der Kritik und bewog das Publikum zu Demonstrationen, als es keine Eintrittskarten mehr gab. Obzwar noch zusätzliche Vorstellungen eingeschoben wurden, gingen doch Hunderte leer aus — eine mehr als seltene Angelegenheit in der Geschichte des italienischen Theaters. In einzigartiger Weise gelingt es dieser Inszenierung, die Schranken zwischen Darsteller und Publikum zu durchbrechen, so daß es zu einer gänzlich neuen Form der Teilnahme an einem Theaterereignis kommt. Das Gedicht entspricht besonders gut diesem Unternehmen, da es eine gelungene Mischung von Liebesaffären, Schlachten, Hexen, phantastischen Tieren und Zweikämpfen zwischen Christen und Ungläubigen ist.

Die Aktion läuft simultan an ver-

schiedenen Orten der Spielfläche ab. Im Schiff einer „umfunktionierten“ Kirche inszeniert, ohne Stühle im Raum, um dem Publikum Bewegungsmöglichkeiten zu geben, können die Zuschauer ungehindert zwischen den Holzdekorationen Umberto Bertaccas herumgehen, so daß die Aufführung die authentische Stimmung eines mittelalterlichen Jahrmarktes und eines historischen Umzuges atmet. Ariosts Dichtung strotzt vor profanem Humor, Witz, Romantik und Fabelreichtum

Eigenschaften, charakteristisch f.ür die Werke der Renaissance, die allesamt durch Rohconis Regie ihren klaren Umriß erhielten.

Den Schauspielern gebührt Lob für diese einzigartige Show: Es ist eine aus verschiedensten Elementen der italienischen Unterhaltungskunst gebraute Kost. Vom sizilianischen Marionettentheater zur großen Oper, ein wenig durch Living Theatre, Grotowsky und Bert Brecht gewürzt. Edmondą Aldini, Duilio del Prete und Massimo Foschi seien für ihre respektiven Rollen von Brada- mante, Astolfo und Orlando besonders lobend genannt. Ein abwechslungsreicher, amüsanter Theaterabend.

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