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Sintflut in der Kunst

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Der Himmel senkte sich”, bereits' der Titel dieser Ausstellung verfolgt die Intention des Künstlers: Er verlangt geradezu nach Auseinandersetzung. Die Ausstellung zwingt den Besucher, verstärkt durch die Atmosphäre der Baumgestaltung zu existentiellen Überlegungen. Der Künstler studierte und reflektierte intensiv die verschiedenen Sintflutmythen. Er interpretiert die Sintflut als endlose Wiederholung, als 1 lindernis und Spiegelung des Lebens.

Jacobo Borges stammt aus Venezuela, er wurde 1913 in Caracas geboren. Die Schau stellt eine geglückte Verbindung von alten und neuen Meistern dar. Denn Kasper Membergers Gemälde des Noah-Zyklus (1588) für den Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau sind für Borges der Ausgangspunkt für eine Umsetzung des Themas mit Mitteln des 20. Jahrhunderts. Die Darstellung der Sintflut war vor allem seit Beginn des 16. Jahrhunderts ein sehr häufiges Thema, das unter anderem mit den astrologischen Voraussagen einer drohenden Katastrophe in Zusammenhang stand. Auch bei nur geringer Kenntnis der Biographie des legendären Fürst Erz-bischofs wird sofort einsichtig, daß er mit einer Auftragsarbeit der Arche Noah keine Weltuntergangsstimmung beschwören, sondern sehr radikal eine grundlegende weltliche Erneuerung dokumentieren wollte. Für Borges stellen sich mit der Sintflutdarstellung die großen Fragen nach dem Schicksal der Menschen, ihrer Einsamkeit und ihrer Beziehung zur Natur. Er landet damit auch bei den üblichen, aber für eine sinnvolle Lebensgestaltung so notwendigen Uber-legungen: Wohin gehen wir? Wer wird auserwählt? Was sind die Auswahlkriterien? Vor allem die letzte Frage ist für Borges von Bedeutung, denn in allen Sintflutmythen werden nur wenige Auserwählte verschont, Schutz finden sie in der Arche.

Borges verband in seiner Arbeit erstmals Malerei mit Plastik, Architektur und Musik zu einem Gesamtkunstwerk. 1 )urch die Materialien wrird klar, wie sehr sich der Künstler mit den Sintflutbeschreibungen im Gilgamesch Epos und im Alten Testament beschäftigt hat. Er verwendet nur Stoffe, die darin für den Bau der Arche Noah erwähnt werden.

Wenngleich man als Besucher gepackt ist von dieser Schau ganz anderer Art und in ihr auch Intuition findet, so vermißt man doch sehr in diesem Ausstellungslebenswerk das „Prinzip Hoffnung”. Zweifelsfrei hat Borges nur zu recht, daß wir durch die konsequente Zerstörung unseres unmittelbaren Lebensraumes Natur und damit der Schöpfung vor einem Abgrund stehen, aber gerade deswegen müssen wir endlich über Abgründen neu aufbauen. Diesen Aufbauwillen und ein bißchen Frohbotschaft muß der Besucher in sich tragen und soll die Ausstellung nicht trostlos verlassen.

(Bis 24. November.)

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