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Spöttische Ismenanalyse

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DER KARTONISMVS. Ein satirischer Roman von Rudolf Henz. Stiasny-Verlag, Graz-

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DER KARTONISMVS. Ein satirischer Roman von Rudolf Henz. Stiasny-Verlag, Graz-

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Was Rudolf Henz, dessen Werke den Lesern der „Furche“ seit ihrer Gründung wohlvertraut sind, als willkommene Gabe präsentiert nimmt in seinem Schaffen eine Sonderstellung ein. Diesmal ist es nichl die Poesie seiner Dichtungen, iiichl die tiefernste Auseinandersetzung des historisch in Altösterreich und in der Antike wurzelnden Romanciers und Denkers, sondern eine muntere Satire auf den Rummel epigonaler modisch-modernistischer Kunst- und Kulturcliquen. Vorgetragen unter dem schlichten Tarnmantel eines Chronistenstils, der sich als zeitgenössische Variation etwa im Sinne des berühmten Buches „Leben und Ereignisse des Peter Prosch, eines Tyrolers von Ried im Zillertal oder Das wunderbare Schicksal, geschrieben in den Zeiten der Aufklärung“ vorstellt.

Wie aus einem Hans Hiasl ein Hans Uwe Hasdl wird, wie jäher Ruhm und Seelenhochflug Angelegenheiten vertrackter Mißverständnisse sind, wie neue Mißverständnisse zum Sturz des Dichterhelden führen, der den Unfug der Ismen clever gemanagter Tagesstars durch den „Kartonismus“ krönt, der dem Buch den Titel gab — all dies ist eine im Grunde bitterböse Abrechnung mit den Kräften, die sich das moderne Hasardspiel rings um die Kunst, ohne von Verantwortung oder Wissen beschwert zu sein, allzu leicht machen.

Wer das kulturische Getriebe unserer Tage verf olgt oder selbst mitten drin steckt, findet fast auf jeder Seite labyrinthisch chiffrierte Anspielungen auf tatsächliche Vorkommnisse und bekannte und allzu bekannte Namen, so daß sich ihm der Text als Schlüsselroman im wahrsten Wortsinn eröffnet. Auch jene Leser, die mit dem Autor stellenweise oder über weite Passagen nicht konform gehen wollen, werden zumindest den Löwenmut anerkennen, mit dem hier Kunst- und Kul turkonzernen der Fehdehandschuh hingeworfen wird — von einem Manne, der als Autor, Rundfunkdirektor und Zeitgenosse reichlich Gelegenheit hatte, hinter die Kulissen zu schauen.

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