7091519-1994_30_13.jpg
Digital In Arbeit

Homerische Klänge aus der Karibik

Werbung
Werbung
Werbung

In der angloamerikanischen Welt wird Derek Walcott als „Homer of the Caribic" gefeiert: Er begeistert durch seine elegische Sprachsensibilität, verbunden mit Uniyersalismus, Musikalität und flirrender Bildhaf-tigkeit. Der zweite Auswahlband seiner Erzählungen wird mit seiner Nobelpreisrede 1992 eingeleitet: „Die Antillen: Fragmente epischen Erin-nerns". Mit Stolz und Freude stellt der 1930 auf der Karibik-Insel St. Lucia geborene und jetzt in Trinidad und Boston lebende Walcott darin fest: „Unsere Landschaft, unsere Geschichte ist endlich anerkannt worden." Und er entwirft ein faszinierendes Bild vom karibischen Genius, der seine freien, rhythmischen Langverse in homerischer Dimension inspiriert hat.

In der Städtekultur der Karibik, wo man eher von „vergrößerten Marktflecken" in der Nähe „einer zugänglichen Ländlichkeit mit blätterumhüllten Vororten" sprechen kann, ist das Weniger an Büchern, Theatern oder Museen gleich ein Mehr an Phantasie, Lebenslust, Gedankenflug, poetischer Magie. Die karibische Gelassenheit und Geduld gegenüber der Weite und Weisheit des Lebens ist ein südliches Geheimnis und Ausdruck des Überlebenswillens im polyglotten Schiffbruch der Zeiten, Kulturen und Sprachen. Die Poesie stellt sich aus seiner karibischen Sicht und im Bewußtsein eines Unterwegsseins in einen insularen Traditionsstrom, die Zukunft im Auge: „Die Lyrik ist eine Insel, die sich vom Festland ablöst."

ERZÄHLUNGEN AUS DEN INSELN

Von Derek Walcott Aus gewählt und aus dem Englischen übersetzt von Klaus Martens. Carl Hanser Verlag, München 1993. 152 Seiten, öS 245,-.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung