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Absturz

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(Bayerische Staatsoper München; „Lou Salome“ von Giuseppe Sinopoli - Uraufführung) Geplant war ganz anderes: eine Opern-Trilo- gie über das Vorfeld des Faschismus, jene Kulturkrise, die bereits im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts einsetzte. Dann brach über den erfolgreichen Komponisten und Wiener-Schule-Kenner Giuseppe Sinopoli - ihm selber wohl rätselhaft - der Dirigentenruhm herein.

Außerdem verliebte er sich in Lou Andreas-Salome, eine Zeugin jener Kulturkrise, geniale Intellektuelle mit sinnlicher Ausstrahlung, Kulturschöpferin durch ihre Freundschaft zu den Berühmtesten ihrer Zeit, darunter Nietzsche, der jüdische, in Selbsthaß sich verzehrende Philosoph Paul Ree, Rilke, dessen psychisches Leiden sie als Vertraute und Schülerin Freuds erkannte.

Für Sinopoli waren die berufliche Neuorientierung und die Hinwendung zur Andreas-Salome folgenreich. Er, studierter Psychiater selber, ließ sich von der Liebe zu Lou willig überfluten, was, im Verein mit der Überlastung als Dirigent, zur faktischen Lähmung beim (Nicht-)Komponieren des zweiten Teils der Oper „Lou Salome“ führte.

Wie das Libretto (Karl Dietrich Gräwe) Nietzsche als Pierrot vom Seil stürzen läßt, gestoßen von der

Psychonalanalytikeriti Lou in einer wahnhaft erlebten Gegenübertragung, steuerte Sinopoli vom Pult der Bayerischen Staatsoper aus rauschhaft-expressiv seinen Absturz als Komponist, mit sich reißend in ein von Unwissenden bejubeltes Debakeln noch Götz Friedrich, den Regisseur, und Karan Armstrong, die vorgeben mußte, Lou zu sein.

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