Mangels vordergründig spektakulärer Ergebnisse wurde der vor einiger Zeit von Helmut Kramer vorgelegten Untersuchung über die industriellen Strukturprobleme Österreichs (herausgegeben vom Institut Tür angewandte Sozial- und Wirtschaftsforschung) leider nicht die Aufmerksamkeit zuteil, die ihr rechtens zustünde. Was die Arbeit Kramers so wenig vordergründig spektakulär macht, ist zugleich das Beklemmende an ihr: Es gibt keine großen Überraschungen.
In klarer, verständlicher Sprache, wie man die vielen anderen wissenschaftlichen Arbeiten wünschen würde, weist der Wirtschaftsforscher Kramer am
Beispiel der Eisen- und Metallverarbeitung nach, daß Österreichs Industrie weniger an den historisch gegebenen Strukturen laboriert, als daran, daß man diese Strukturen allen Festreden zum Trotz offenbar als gottgegeben hinnimmt.
So weist die eisen- und metallverarbeitende Industrie - und wie Kramer bei der Präsentation seiner Arbeit ausführte, darf man die globalen Ergebnisse seiner Studie auf die gesamte Industrie übertragen - einen erheblichen Produktivitätsrückstand gegenüber anderen Hartwäh-rungsländern auf (gegenüber der BRD sind es 15 bis 20 Prozent, im Vergleich zur EG insgesamt S bis 10 Prozent).
Dies rührt nicht daher, wie wir uns gerne weinerlich trösten, daß der Standard unserer industriellen Ausrüstung („Sachkapitalbestand”) schlechter wäre (Kramer mutmaßt sogar das Gegenteil!); und es dürfte auch nicht, wie wir uns gerne einreden, an unserer Betriebsgrößenstruktur oder am Forschungsrückstand liegen. Vielmehr sind dafür - und daran ist bei Gott nichts gottgegeben! - organisatorische Hemmnisse verantwortlich: Organisatorische Hemmnisse sowohl im Bereich der Unternehmen als auch im Bereich der staatlichen Verwaltung. Ein Vergleich drängt sich auf: Ein etwas klein geratener Athlet hält wider Erwarten mit den Giganten der Sportarena mit, scheitert aber knapp vor dem Ziel an einer achtlos weggeworfenen Bananenschale.
Unsere Exportpalette hat zwar Ähnlichkeit mit der industrialisierter Entwicklungsländer, ohne aber daß wir gleichschlechte infrastrukturelle Voraussetzungen wie diese hätten. Uberspitzt formuliert: Wir sind freiwillig industriell etwas zurück. Nicht, weil wir es nicht besser könnten, eher weil wir bisher nicht ebenso ernsthaft wie herzhaft versuchten, es besser zu machen.
Die Betroffenen werden ersucht, künftig weniger salbungsvoll zu reden, sich zu bücken und die Bananenschale schleunigst aus dem Weg zu räumen.
