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An der Schwelle einer neuen Zeit

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„Bisher lehrte und behielt ich unbewußt den ganzen Jan Hus. ... Kurz, wir sind alle, ohne es zu wissen, Hussiten", schrieb Luther 1520 an Georg Spalatin. Diesem Bekenntnis zufolge ist nicht der Wittenberger, sondern der Prager Reformator der eigentliche Wegbereiter einer neuen Zeit, die den mittelalterlichen Universalismus beendete.

Ernst Werner, emeritierter Professor für mittelalterliche Geschichte, schildert das Leben, das Umfeld und die Wirkung des Jan Hus (um 1370 bis 1415), der als Prediger der Bethlehemskapelle von Prag berühmt wurde, Wyclif ins Tschechische übersetzte, in „De Ecclesia" die Reinheit der Kirche forderte und den moralischen Lebenswandel des Klerus kritisierte. Von Kaiser Sigismund nach Konstanz gelockt, wurde er vom dortigen Konzil als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Die Biographie ist - mit Ausnahme einiger Rechtschreib- und Beistrichfehler - eine gelehrte, etwas schwerfällig geschriebene Abhandlung. Auch ihr Autor steht an der Schwelle einer neuen Zeit, wo in den Gebieten der ehemaligen DDR nach dem Tode des HISTOMAT Geschichte neu geschrieben werden muß.

Jan Hus erscheint nunmehr als zwischen Tradition und Innovation stehender Frühreformator, der nicht einer einzigen Klasse zugeordnet werden kann, nicht an Volksreformation dachtejund dessen objektive Wirkung nach dem Tod wenig mit seinem Selbstverständnis zu tun hatte. Der Laienkelch, Symbol der Hussiten, sei nie das primäre Anliegen des Jan Hus gewesen, sondern die Wortverkündigung sei bei ihm im Mittelpunkt gestanden.

JAN HUS. Welt und Umwelt eines Prager Frühreformators. Von Ernst Werner. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger. Weimar 1991. 256 Seiten, öS 530,40.

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