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Atmen ohne Zeit

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Die Mobilität des modernen Menschen bedingt zugleich einen Bewegungsverlust seines Körpers, dessen Folgen wohl medizinisch, aber nicht tiefenpsychologisch beachtet werden, denn wir verarmen an Gesten, an Zeichen, an Körpersprache» Ein uralter Bereich der Kommunikation schwindet dahin.

Diesem Kommunikationsverlust versucht Peter Paul Wiplinger mit seiner „Bildersprache“ entgegenzuwirken. Im Foto hält er die Gesten der Gewächse, der Landschaftsformationen und der Dinge fest, beziehungsweise: er rückt sie so ins Licht oder in den Schatten, daß wir den Eindruck haben, sie seien Mitwisser und Deuter unserer Innerlichkeit. Wir sehen Haustore, die ein Unerschließbares zu verwahren scheinen, vom Regen zernagte Steingesichter, die uns ansehen, als träume das tote Material vom Leben, Fensterläden eines Bauernhauses, wo sich die Zeit aus den Dingen ins Ausgedinge zurückgezogen hat. Hier entstand ein modernes Requiem in Bild und Wort, mit dem der Dichter den Weg aus der Trauer ins Morgenlicht weist, dann ist sogar der Stein ohne Einsamkeit Von Blatt zu Blatt gehen wir hier einen letzten Weg, aber den einzigen, der alle Grenzen überwindet.

Man muß Wiplinger als Redner, als Diskutant gehört haben, in der Geschmeidigkeit und Vielfalt seiner Ausdrucksmittel, um zu ermessen,"unter welchem Erlebnisdruck sich der Stil seiner Lyrik entwickelt hat. Seine Sprache konzentriert sich auf Wörter als Signaturen von Wirklichkeit. Deren Verlautung greift nicht mehr über den Laut hinaus in die Komplexität der Syntax. Auf diese Weise erreichen Bild und Sprache - jenseits von Metaphern, also Sprachbildem - die Eindringlichkeit einer Beschwörung.

BILDERSPRACHE Gedichte 1967 bi» 1987. Von Peter Paul Wiplinger. Mit einem Vorwort von Erwin Ringel. Alekto, Klagenfurt 1988.176 Seiten, öS 280,-

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