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Betriebskampfgruppen fur den Angriffskrieg

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Auf 450.000 Mann verstärkt und verjüngt wurden die Betriebskampfgruppen in der DDR. Das wurde jetzt aus zuverlässiger. Quelle bekannt. In diesem Zusammenhang wurde die Kampfausrüstung der SED-Privatarmee um schwere Maschinenwaffen, darunter auch ältere 23-mm-Vier-lingsflakgeschütze und Panzer vom Typ T 55 erweitert. Insgesamt bestehen jetzt in der DDR 210 „Bezirksreserve-Bataillone“, zusammengesetzt aus Angehörigen der Betriebskampfgruppen.

Die Kampfgruppen rekrutieren sich hauptsächlich aus den Belegschaften der staatseigenen Betriebe, in denen auch ihre Fahrzeuge und Waffen eingelagert sind. Sie üben regelmäßig an Wochenenden, an Abenden und manchmal auch während der Arbeitszeit. Die Kampfgruppenbataillone sind in kurzer Zeit mobilisierbar. Da sie nicht zu den regulären Streitkräften zählen, treten sie bei Verhandlungen über einen Truppenabbau in Europa nicht in Erscheinung.

Bislang bestanden die Aufgaben der SED-Kampfgruppen in der Objektsicherung oder im Niederschlagen etwaiger innerer Unruhen. Heimatschutzaufgaben dieser Art werden aber neuerdings in den Ausbildungsplänen der Kampfgruppen nicht mehr berücksichtigt. Aus den Kampfgruppen wurden Unterstützungsverbände, die der im Angriff geschulten Nationalen Volksarmee zur Seite stehen sollen. Die Ausbildungsschwerpunkte liegen jetzt eindeutig auf dem Üben mit Panzerabwehrraketen des Typs „Sagger“ und 23-mm-Flugabwehrgeschützen. Als weitere Kampgruppenaufgabe beginnt sich die Übernahme von Sicherungsauftragen und vor allem der Flankenschutz regulärer Angriffsstreitkräfte abzuzeichnen.

Zur Durchführung dieser militärischen Aufgaben steht den SED-Betriebskampfgruppen ein großes Arsenal von Kriegsgerät zur Verfügung. Aus zuverlässiger Quelle wurden erstmals Zahlen bekannt. Danach verfügen die Kampfgruppen über: 485 Panzer vom Typ T-54 und T-55 sowie über 128 Flugabwehrgeschütze. Weiterhin stehen den Kampfgruppen 421 leichte Panzerfahrzeuge und 1900 Militärlastkraftwagen zur Verfügung. In der Waffenbestandsliste dieser SED-Privatarmee stehen ferner: 8500 Granatwerfer, 6200 schwere und 12.600 leichte Maschinengewehre. Jeder Kampfgruppenangehörige ist wenigstens mit einem Karabiner, einer Pistole oder einer Maschinenpistole ausgerüstet. Soweit bekannt ist, werden diese Handfeuerwaffen von den „Genossen Kämpfern“ perfekt beherrscht.

Von 1977 an werden wesentlich höhere Anforderungen an die SED-Kampfgruppen in den Betrieben der DDR hinsichtlich der Qualität der politischen und militärischen Ausbildung gestellt werden. Wie das Ost-Berliner Kampfgruppenorgan „Der Kämpfer“ in diesem Zusammenhang erklärte, dürfe kein Kommandeur an der Tatsache vorbeigehen, daß jedes Ausbildungsthema die Anwendung meßbarer Normen ermögliche. Durch lebendige, sachbezogene politischideologische Arbeit in den Kampfgruppen müsse völlige Klarheit darüber geschaffen werden, „warum es keine Abstriche, keine Halbheiten und keine unzulässigen Erleichterungen geben darf“. Jeder Kampfgruppen-Angehörige müsse sich bewußt sein, daß die Erfüllung der Normen seine persönliche Verpflichtung und sein konkreter Beitrag dazu seien, daß die bewaffneten Organe der sozialistischen Staatengemeinschaft „stets besser auf den Krieg vorbereitet sind als der Gegner“.

Obwohl somit die SED-Kampfgruppen militärisch ernst zu nehmen sind, wird bei keiner Abrüstungsverhandlung über eine „ausgewogene Reduzierung“ dieser getarnten Partei-Miliz gesprochen.

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