Der Grazer Historiker Hermann Wies-flecker, der sein wissenschaftliches Lebenswerk zu einem Großteil der Erforschung der Persönlichkeit Und der Zeit von Kaiser Maximilian I. (1459-1519) gewidmet hat, legt nun, nach fünf Bänden für Kenner und Fachleute, einen sechsten Band vor, der es unternimmt, die faszinierende Erscheinung dieses Herrschers einem breiteren Publikum nahezubringen.
Wiesflecker versteht es nicht nur, eindrucksvoll nachzuzeichnen, wie Maximilian „die Fundamente des habs-burgischen Weltreiches" legte und dies nicht nur durch seine Heiratspolitik, er wendet sich auch der inneren Reichspolitik und -reform zu und läßt uns die Vielseitigkeit dieses Herrschers ermessen. Auch die Kirchenpolitik und die persönliche Frömmigkeit kommen im Werk Wiesfleckers ebensowenig zu kurz wie die Rolle Maximilians, des „letzten Ritters", als Kunstfreund und Künstler. Als Inbegriff eines christlichen Herrschers und einer vom Glauben her bestimmten Persönlichkeit wußte Maximilian nicht nur um die Strategie und Taktik der Macht, und um die Pflichten eines Feldherm Bescheid, er war sich auch deren Vergänglichkeit und Fragwürdigkeit bewußt, die sein Hofnarr Kunz von der Rosen als sein alter ego repräsentierte.
Auf dem Steinrelief am „Goldenen Dachl" in Innsbruck, das Niklas Tü-ring 1500 schuf, sind der Kaiser, sein Kanzler und der Hofnarr, auf gleicher Ebene gestellt, zu sehen, doch während der Kanzler den Kaiser anblickt, schaut der Narr als Symbol der höheren Weisheit, die der Macht abgeht, nach der Maximilian strebte, in eine andere Richtung.
Wiesfleckers Buch sei allen empfohlen, die sich ein Bild vom ausgehenden Mittelalter und von Maximilians Persönlichkeit machen wollen.
MAXIMILIAN I. Die Fundamente des Habsburgischen Weltreiches. Von Hermann Wiesflecker. Verlag für Geschichte und Politik/R. Oldenbourg Verlag, Wien/München 1991.423 Seiten, öS 386,-.
