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Der Weg Pasolinis

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Es war ein wirklich ausgezeichneter und hervorragend-lobenswerter Einfall, der Erstaufführung von Pier-Paolo Pasolinis „Erotischen Geschichten aus 1001 Nacht” die Wiederaufführung eines älteren Pasolini-Werkes gegenüberzustellen, denn nicht nur müssen angesichts dieser so klarstellenden Konfrontation alle Einwände von Kritikern verstummen, daß Pasolini sich untreu geworden sei, sondern man kann hier auch exemplarisch den eindeutigen Entwicklungsweg des Regisseurs beobachten und studieren. In „Ödipus — Bett der Gewalt” aus dem Jahr 1967 begegnen wir, Pasolinis Opus 7, der ersten Beschäftigung mit einem klassischen archaischen Stoff (nach fünf modernen Filmen und der Verfilmung des Matthäus-Evangeliums): Schon hier faszinierte — und tut dies auch heute noch immer — Passolinis Ästheti zismus und Pathos, seine Leidenschaft und seine Bildvisionen. Doch schon hier finden sich die Stilmittel deutlich vorgezeichnet, die in seinem Abschluß zur „Trilogie des Lebens”, in den „Erotischen Geschichten aus 1001 Nacht” (nach Boccaccios „Deca- merone” und Chaucers „Canterbury Tales”) zur vollsten Blüte und Reife gekommen sind: der faszinierende Glanz fremdartig-exotischer Kostüme und Dekors, zu wahrer Pracht und ästhetischem Reiz erblüht, der Zauber von Menschengesichtem, deren Schönheit in ihrer Natürlichkeit und Einfachheit liegt, von Charakteren und Typen,.in Gesichtem lebendig geworden — und schließlich die menschliche Nacktheit in all ihrer Unschuld, Naivität und damit auch Keuschheit … Und daß diese arabische Geschichtensammlung aus dem 9. Jahrhundert nicht unbedingt Märchen für Kinder sind, sondern vorwiegend ein Sammelwerk erotischer Literatur, dürfte sich heute schon herumgesprochen haben! Wer etwas anderes erwartet, für den sei der deutlich-eindeutige deutsche Filmtitel Warnung genug…

Kein guter Einfall war es aber, einen 44 Jahre alten Hans-Albers- Film auszugraben und als Wiederaufführung anzukündigen: „Der Draufgänger” ist vermutlich nicht nur einer der schlechtesten und unangenehmsten Filme des blonden Hans (und der Debütfllm der hier unvorstellbar dilettantischen Martha Eggerth), sondern auch so antiquiert und gestaltungsmäßig in jeder Beziehung unbedeutend (Regie: Richard Eichberg), daß man ihn bestenfalls im Rahmen einer Retrospektive oder Archivvorstellung einmal zeigen könnte. Doch wenn der Film dann kommerziell eine Enttäuschung bringt — wer ist daran schuld? „Der Albers zieht hier halt nicht” — oder so eine andere, ähnlich dumme Ausrede. Keinesfalls aber der, der für die Auswahl dieses Films in den Verleih verantwortlich gewesen ist.

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