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Die „Ofner-Gesetze“ müssen noch warten

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Wie rechts ist Ofner? Er formuliert die Abgrenzung selbst. Im Fall einer Verurteilung träte er nicht zurück.

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Wie rechts ist Ofner? Er formuliert die Abgrenzung selbst. Im Fall einer Verurteilung träte er nicht zurück.

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Mängel der Justiz: Nicht vorrangig Personalproblem.

Ein Kontra zu Karl Blechas „Gleichheit durch Gesetz“.

FURCHE: Ihr Amtsantritt wurde von vielen Zeitungen, auch vön der FURCHE, kritisch aufgenommen. Was sagen Sie zu der Spekulation, FPO-Obmann Steger habe seinen einstigen Rivalen bei der Obmannwahl bewußt ins Medienfeuer laufen lassen und würde ihn im Ernstfall auch nicht herauspauken?

MINISTER HARALD OFNER: Ich glaube nicht, daß an solchen Spekulationen etwas dran ist. Man weiß auch im voraus nicht, wer ins Medienfeuer gerät. Außerdem glaube ich, daß die Phase der Versuche, einen neuen Justizminister nach Klassifizierungen der dreißiger Jahre abzustempeln, wirkungslos geblieben und vorüber ist.

FURCHE: Stimmte die Vermutung dennoch, dann hätten Sie mit Ihren bisherigen Vorschlägen die Herausforderung sehr geschickt auf genommen. Alles, was Sie bisher sagten, fand Zustimmung bei einer Mehrheit im Volk

OFNER: Das höre ich auch immer wieder. Die Leute schätzen es offenbar, wenn ein Justizminister nicht nur an die Täter, sondern auch an die Opfer denkt. Es geht auch nicht um ein Entweder- Oder, sondern um Ausgewogenheit, wobei sich bei Minister Ofner die Waage zugunsten der öffentlichen Sicherheit und der Opfer neigt, während Broda aus einer zutiefst menschlichen Grundhaltung heraus starkes Augenmerk auf die Täter richtete …

FURCHE:HabenSiefürdie Täter nichts übrig?

OFNER: Ich unterscheide sehr genau zwischen solchen, bei denen der Eindruck besteht, daß noch Hilfe möglich ist und für die daher auch jede Hilfe zu gesellschaftlicher Wiedereingliederung geboten werden muß, und den aussichtslosen Fällen wiederholter Rückfalltäter, bei denen die Härte des Gesetzes ausgeschöpft werden muß.

FURCHE: Die Arbeitsgemeinschaft der Sozialarbeiter an Justizanstalten hat Besorgnis geäußert, wenn nun eine „harte Welle“ die Resozialisierungsbemühungen erschweren sollte.

OFNER: Da wurden meine Absichten mißverstanden. Ich habe gesagt, daß jene Strafgefangenen, bei denen der gesetzlich vorgesehene Ausgang ein Sicherheitsrisiko zu sein scheint, entweder von Bewährungshelfern unterstützt oder notfalls auch begleitet werden sollten. Worum es geht, ist nicht Überwachung (daher Begleitung natürlich in Zivil), sondern darum, den Häftling selbst vor Rückfällen zu schützen.

FURCHE: Sie wollen auch die Drogenhändler strenger bestrafen.

OFNER: Auch hier muß man zu einer stärkeren Differenzierung kommen. Es gibt nicht nur die süchtigen Kleindealer und die nichtsüchtigen Großhändler. Letztere werden sicher heute zu milde bestraft, wenn man be-

denkt, daß von der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von 10, ausnahmsweise 15 Jahren meist im unteren Drittel verhängt wird. Es stellen aber auch manche süchtige Händler häufig eine Gefahr für noch Schwächere und Labilere dar. Rauschgifthandel ist Mord auf Raten. Ich habe noch keine konkreten Vorstellungen für Gesetzesänderungen, aber wir werden uns etwas einfallen lassen müssen. Auch das sogenannte Ersatzdrogenprogramm mit Methadon, das ich als Oppositionsabgeordneter nie durchbringen konnte, sollte wenigstens eine Chance bekommen.

FURCHE: Wann ist hier mit konkreten Vorlagen zu rechnen?

OFNER: Vier Vorlagen, die noch aus der Broda-Ara stammten, haben den Ministerrat schon passiert. Zur Vorbereitung einer von Innen- und Justizministerium im Herbst gemeinsam zu veranstaltenden Enquete „Wirtschaftskriminalität und ihre wirksame Bekämpfung“ wird noch im Sommer eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Dann kommt das Weisungsrecht der Staatsanwälte …

FURCHE: Was soll hier konkret geändert werden?

OFNER: Hier laufen die Meinungen noch weit auseinander — von der völligen Neuorganisation der Staatsanwaltschaften bis zur Offenlegungspflicht für Weisungen.

FURCHE: In der Ara Broda war immer davon die Rede, daß es formeller Weisungen gar nicht bedarf, um die Meinung des Mini sters um drei Ecken herum auch mündlich weiterzureichen …

OFNER: Das schaltet man auch durch eine völlige Abschaffung des Weisungsrechtes nicht aus.

FURCHE: Also wann kommen die „typischen Ofner-Gesetze“?

OFNER: Wirtschaftskorruption und Weisungsrecht stehen in der Regierungserklärung, haben also Vorrang. Dann ist noch ein Strafrechtspaket in Vorbereitung, und die Arbeiten der Strafprozeßkommission sollen nach elf Jahren Arbeit auch beendet werden. Schließlich muß der organisatorische Ablauf der Gerichtsbarkeit erleichtert werden, denn es ist nicht einzusehen, warum der Schreibstubenbetrieb hoheitsrechtlichen Charakter haben soll.

FURCHE: Also der Notstandsbericht der Richter. Bekommen diese mehr Personal oder modernere Maschinen, bessere Räume?

OFNER: Da und dort mag es ein Personalproblem .sein. Aber vor allem geht es um eine Vereinfachung der Abläufe. Wenn die 20 Prozent Reibungsverluste, die es vielleicht gibt, beseitigt werden, geht alles schneller.

FURCHE: Denken Sie an die Auflassung von Bezirksgerichten?

OFNER: Diese Frage darf man nicht nur unter dem Aspekt von Distanzen und Reisekosten sehen. Im Grenzgebiet des nördlichen Niederösterreich etwa sind Bezirksgerichte auch eine staatspolitische Notwendigkeit…

FURCHE: Aber Sie schließen Auflassungen nicht prinzipiell aus?

OFNER: Das nicht, aber ich werde kein auflösungsfreundlicher Justizminister sein, und vor allem möchte ich so rasch wie möglich in allen konkreten Fällen Klarheit schaffen.

FURCHE: Sind Sie für die Wiedereinführung der Todesstrafe?

OFNER: Ich bin ein entschiedener Gegner. In einem Land mit Todesstrafe könnte ich nicht Justizminister sein.

FURCHE: Halten Sie Gesetzesänderungen bei der Fristenregelung — etwa Trennung von beratendem und abtreibendem Arzt — für wünschenswert oder denkbar?

OFNER: Zuerst einmal glaube ich, daß die Familienbeihilfen, die derzeit nicht annähernd die Kosten für Kinder decken, angehoben werden müssen. Sodann halte ich eine massive Aufklärung gegen die Abtreibung, wo auch die Kirche das ihre leisten muß, für sehr wichtig. Man muß auch wieder davon abgehen, jene als die Dummen hinzustellen, die zu Opfern bereit sind. Das gilt für Familien mit Kindern ebenso wie etwa für die Landesverteidigung.

FURCHE: So nebenbei — werden Sie ihren Kollegen Frischenschlager bei der Forderung nach Abfangjägern unterstützen?

OFNER: Ja. Es ist sinnlos, etliche Milliarden Schilling für das Radarsystem „Goldhaube“ auszugeben und keine Abfangjäger zu bestellen.

FURCHE: Wären Sie lieber Verteidigungsminister geworden?

OFNER: Ich habe es vierzehn Tage lang geglaubt und bin dann binneni weniger Stunden Justizminister geworden, aber ich bin das sehr gerne.

FURCHE: Zurück zur Fristenregelung — also keine flankierenden Maßnahmen in Gesetzesform?

OFNER: Ich glaube nicht, daß man das Strafrecht zurückschrauben kann.

FURCHE: Nicht zurückschrauben, sondern verbessern — durch Trennung der Ärztefunktion, wie gesagt.

OFNER: Damit habe ich mich noch nicht näher auseinandergesetzt.

FURCHE: Die FPO fordert seit eh und je eine rechtliche Regelung des Verbändewesens. Sind Sie für ein Verbändegesetz, auch wenn es nicht in Ihre Kompetenz fällt?

OFNER: Das ist eine wichtige politische Grundsatzproblematik, aber meinem Ressoxt kommt keine Initiatvie zu.

FURCHE : Was halten Sie von der Formel des heutigen Innenministers Blecha, es gehe heute nicht mehr um Gleichheit vor dem Gesetz, sondern um „Gleichheit durch das Gesetz“?

OFNER: Ich halte diese Formel für nicht akzeptabel. Sie ist mit abendländischen Rechtsgrundsätzen nicht vereinbar.

FURCHE: Harren noch Verfahren wegen Kriegs- und sonstiger ĄSaziverbrechen der Erledigung?

OFNER: Mir ist nichts bekannt.

FURCHE: Und wenn etwas bekannt würde?

OFNER: Ich habe vor, mich in die Rechtssprechung in keiner Weise einzumengen.

FURCHE: Mit welchen Worten möchten Sie sich gegenüber Nationalsozialismus und Rechtsextremismus abgrenzen?

OFNER: Für mich sind zwei politische Programmbilder, egal in welcher Ecke des Spektrums, unakzeptabel — alle mit einer Zielsetzung, die mit pluralistischer parlamentarischer Politikgestaltung westlicher Prägung unvereinbar sind und alle, die Gewalt in welcher Form immer propagieren oder auch nur akzeptieren.

FURCHE: Rechnen Sie mit einer Verurteilung wegen übler Nachrede auf Grund der Klage niederösterreichischer OVP-Po- litiker?

OFNER: Ich habe die Angelegenheit einem Rechtsanwalt übergeben und befasse mich nicht mehr damit. Jedenfalls habe ich völlig freiwillig mein Nationalratsmandat und damit meine Immunität aufgegeben.

FURCHE: Und wenn es doch zu einer Verurteilung käme — würden Sie dann zurücktreten?

OFNER: Keineswegs. Journalisten, die genau so von diesem Paragraphen in ihrer Arbeit bedroht sind, müßten dafür am allermeisten Verständnis haben.

Mit dem Bundesminister für Justiz sprach Hubert Feichtlbauer.

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