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Diplomat und Schöngeist

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Doppeladler und Hakenkreuz? Wie reimt sioh das zusammen? Die Jugend des österreichischen Diplomaten Max Löwenthal, der seine Karriere als „Langzeitbotschafter“ Österreichs in Italien beenden sollte, stand noch im Zeichen des Doppeladlers, der seine unsichtbaren Schwingen über das Elternhaus hielt. Hier wurde noch zu den Mahlzeiten, wie in der guten Gesellschaft seinerzeit üblich, ausschließlich französisch parliert, selbst dann noch, als in den Hungermonaten nach dem Ersten Weltkrieg Wruken oder Erdäpfelgulasch auf dem Speisezettel standen und der Vater der erste Kabinettsdirektor der Präsidentschaftskanzlei der jungen Republik geworden war.

Als der absolvierte Jurist, welcher der Familientradition folgend dem Staatsdienst zustrebte, nach Uberwindung so mancher Hindernisse schließlich in den auswärtigen Dienst — zunächst ohne Entgelt - treten durfte, warf schon das Hakenkreuz immer drohender seine Schatten über Österreich.

Nach Dienstzuteilungen in Prag und Paris lernte Löwenthal als Sekretär des letzten Außenministers Guido Schmidt schon vor

1938 bei offiziellen Begegnungen in Berlin die Realitäten des Dritten Reiches kennen. Dabei ergab sich auch die Gelegenheit, so manchen seiner Protagonisten persönlich einschätzen zu können.

Der Anschauungsunterricht bewog den überzeugten Österreicher - Löwenthal hatte schon als Student in seinem „Nationale“ als Volkszugehörigkeit „österreichisch“ angegeben —, den Ballhausplatz nach dem 11. März nur mehr einmal zu betreten, um seinen Schreibtisch zu räumen und in einem Husarenstückl andere Personen belastende Dokumente zu vernichten. Als „politisch unzuverlässig“ und nach einer schweren Grippe nur militärisch av. geschrieben, hatte der Autor jedoch während der „Tausend Jahre“ großes Glück.

Das „Systemschwein“, so die liebevolle Charakterisierung durch nationalsozialistische Kollegen, „überwinterte“ in verschiedenen Verwendungen in der sogenannten Schiffahrtsstelle, welche die Koordination der zivilen und militärischen Schiffahrt auf der Donau zur Aufgabe hatte. Nach manchem Abenteuer, wie sie ähnlich jeder Österreicher in dieser Zeit erlebte, konnte er sich erneut dem auswärtigen Dienst des wiedererstandenen Österreichs zur Verfügung stellen.

Hier schließt das vorliegende Buch, das außer persönlichen Erinnerungen eines jungen Mannes aus gutem Hause in bewegten Zeiten auch noch manch kluge Beobachtungen über das Leben und Denken eines musisch begabten und allem Schönen in einer wenig schönen Epoche aufgeschlossenen Österreichers in einer literarisch ansprechenden Form wiedergibt. Schade. f

Es ist zu hoffen, daß sich der Verfasser doch noch eines Tages dazu bewegen läßt, auch seine Erinnerungen aus den vergangenen 40 Jahren, in denen er unter anderem tiefe Einblicke in die österreichisch-italienischen Beziehungen und in die dornigen Südtirolverhandlungen hatte, der Öffentlichkeit vorzulegen.

DOPPELADLER UND HAKENKREUZ. Erlebnisse eines österreichischen Diplomaten. Von Max Löwenthal. Wort und Welt Verlag. 207 Seiten.

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