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Durchs Labyrinth

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(Haus der Kunst, München, Prinzregentenstraße 1; bis 12. Mai) Sammeln, um geistig zu überleben. Den atavistischen Trieb befriedigen, den Jäger in sich nicht durch körperliche Lebensbedürfnisse stillegen, sondern umsetzen, um Kunst zusammenzutragen, damit das geistige Leben nicht zu kurz kommt.

Dies ist ein Rausch-Erlebnis, dem sich Lothar-Günther Buch-heim ausgiebig überlassen hat. Keine Variante des Expressionismus blieb ihm fremd. Er bevorzugte oder benachteiligte keine Technik. Ölbilder, Lithographien, Radierungen, Zeichnungen, alles erschien ihm sammelnswert. Wen wundert, daß eine Ausstellung seiner Sammlung einem lük-kenlosen Museum der bedeutendsten Kunstrichtung des 20. Jahrhunderts in Deutschland gleicht?

Otto Muellers Arbeiten, die den harmonischen Einklang des freien Menschen in der freien Natur darzustellen suchen, finden sich ebenso wie jene von Otto Dix, dessen schonungslose Darstellung des Menschen nicht ohne Grausamkeit abgeht. Eindrücke der äußeren Welt mit Erlebnissen der inneren zu durchdringen und dies in künstlerischer Form auszudrücken, führte schließlich zum Andachtsbild von Alexey von Jawlenski — „die Kunst ist Sehnsucht zu Gott” markiert einen anderen ideologischen Standort als die Darstellung der morbiden Welt, in der Monster hausen und den Menschen bedrohen, wie sie die Zeichnungen Alfred Kubins zeigen.

Wer durch diese Ausstellung pilgert, einen geordneten Pfad entlang durch die labyrinthische Entwicklung des Expressionismus, kann seine eigene atavistische Augenlust ausleben.

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