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Digital In Arbeit

Ein Autor namens Rosina

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Wer etwas auf sich hält, schreibt über Frauen: Uber Frauen, die aus dem täglichen Trott des Berufes ausbrechen, die „in sich gehen“, der Konsumwelt abschwören.

Wie Walter Kappacher es in seiner Erzählung „Rosina“ beschreibt. Die Geschichte eines einfachen Landmädchens, das avanciert, zur „rechten Hand“ des Chefs wird, die aufgeht für die Firma und für ihren Beruf. Die nach Arbeitsschluß dem Chef auch privat zur Verfügung steht. Ohne sich zu beklagen. „Sie weiß nicht mehr, wer sie ist.“

Ein Autounfall bringt die Wendung. Die Frau liegt im Krankenhaus: allein, sie hat plötzlich Zeit. Und bemerkt, daß sie mit der Zeit nichts anfangen kann. Bemerkt, daß sie „falsch gelebt“ hat, und will sich ändern. Will nur noch so viel arbeiten, so viel „sie muß“.

Kappacher hat das Ganze sehr einfach geschrieben. Schlicht. Mit klaren, unterspielenden Sätzen. Man nimmt ihm die Geschichte trotzdem nicht ab. Da geht alles zu glatt: der Aufstieg, der Unfall, dann der Umschwung. Ein Schauspiel in drei Akten. Mit heroischem Ausgang. Das Be-

wußtsein stellt sich über Nacht ein.

Kappacher hätte vielleicht über sich selbst schreiben sollen. Auch er war Angestellter. Auch er hat seinen Beruf an den Nagel gehängt. Allerdings: Er hat nicht über Nacht zu schreiben begonnen.

Vielleicht wollte er sich als die bessere Frau präsentieren. Das ist ihm nicht gelungen.

ROSINA. Erzählung von Walter Kappacher. ClettICotta Verlag, Stuttgart 1978, öS 158-

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