7021225-1988_45_14.jpg
Digital In Arbeit

Ein Karpaten-Parlament?

Werbung
Werbung
Werbung

Andräs Hegedüs, ungarischer Ministerpräsident während des 56er-Aufstan-des, jetzt Wirtschaftssoziologe in Budapest, bringt in einem Beitrag für das soeben erschienene Werk „Mitteleuropa — Traumland“ (Wissenschaftliche Buchklubgesellschaft, Hamburg) Überlegungen zur Zusammenarbeit im Karpatenbecken unter heutigen politischen Bedingungen.

Zu den vielen Begriffen von Europa und europäischer Kooperation fügt er den einer mitteleuropäischen Landschaft am Mittellauf der Donau (Ungarn, Slowakei, Karpaten-Ukraine, Nordwesten Rumäniens, Nordjugoslawien und Osten des Grazer Beckens, rund 300.000 Quadratkilometer) hinzu.

Aus der historischen und geographischen Nähe entwickelt er die Utopie eines „Karpaten-Europäischen Parlaments“, das zunächst die nationalen Gegensätze, die sich in dieser Region zuspitzen, befrieden sollte. Ein durch freie und geheime Wahlen geschaffenes Parlament - in Analogie zum Europäischen Parlament — scheint Hegedüs dafür am besten geeignet.

Von den gegenwärtigen Bedingungen ausgehend, plädiert Hegedüs für die Schaffung eines Vorparlaments mit Parteienvertretern, weil alles andere vorerst illusorisch wäre.

Auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung sollte dieses Vorparlament abwechselnd in den einzelnen Haupt- beziehungsweise Provinzhauptstädten Preßburg, Budapest, Uschgorod, Klausenburg, Agram, Neusatz und Eisenstadt tagen und zunächst gegen Geschichtsfälschungen arbeiten und die im Karpatenbecken lebenden Völker und KultUf ren einander näherbringen.

Dieser Plan — fern einer Donaukonföderation — verletzt nach Ansicht Hegedüs* keine Interessen der Sowjetunion: „Aus der Tatsache, daß ihr südöstlicher Oblast, die Karpaten-Ukraine, unter anderem mit dem Burgenland, einem Bundesland des zum Westen gehörenden Österreich, eine direkte Verbindung eingeht, können der UdSSR nur Vorteile erwachsen.“

Keine Konföderation, sondern eine auf bestimmte Funktionen begrenzte Zusammenarbeit schwebt Hegedüs vor, die über den Staatsorganen steht als Organisation der von diesen abgesonderten zivilen Gesellschaft,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung