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Einseitig

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„Es muß noch einmal daran erinnert werden, daß wir hier nicht schlechthin über das schreiben, was Hoffnungen für den Menschen bedeuten und daß ihre Existenz, ja Lebensnotwendigkeit nicht geleugnet wird.“ Doch der Titel des Buches lautet einfach und schlechthin „Die Hoffnung Blochs.“ Und hier hegt die Schwachstelle von Schelskys Auseinandersetzung mit Bloch. Sicher sagt er unmittelbar anschließend: „es geht um das Prinzip Hoffnung als Fundament einer politischen Philosophie“, dem er dann sein Prinzip Erfahrung gegenübersetzt. Das ändert aber nicht viel. Was heißt denn Erfahrung? Schelsky wird ja wohl wissen, wie im Streit um Ideologie- und wertfreie Wissenschaft auch der Erfahrungsbegriff diskutiert wurde, daß es eine naive Erfahrung nicht gibt, sondern immer nur eine interpretierte, daß Erfahrungen überhaupt nicht zustande kommen, ohne - gelinde ausgedrückt - Interessen, Zielvorstellungen, Voraussetzungen, Hoffnungen.

Wenn Schelsky gleich zu Beginn schreibt: „Wer sind also die Verängstigten, an die sich die Philosophie der abstrakten Hoffnung richtet? Es sind zunächst die Untätigen, die Arbeitsfreien, jene, die die Bewältigung der Welt in ihrer Erfahrung nicht konkretisiert haben, die Uberinformierten, die Sensitiven, die Melancholiker, die Depressiven ...“, so ist das einfach einseitig. Außerdem spricht Block von konkreter Utopie und konkreter Hoffnung. Und dieses Wörtchen „konkret“ kann man nicht einfach ausklammern.

So Wertvolles Schelsky zu Philosophie, Dichtung, Politik sagt, so beeindruckend sein weiter Gesichtskreis ist, so trefflich er Jugendliche und Schwärmer, Intellektuelle und Radikale analysiert, auch berechtigte Kritik an Bloch anmeldet, muß man doch mit Bedauern feststellen, daß man mit der Grundtendenz und dem Ton seiner Schrift nicht einverstanden sein kann. Qui nimis probat nihil probat.

DIE HOFFNUNG BLOCHS. Kritik der marxistischen Existenzphilosophie eines Jugendbewegten. Von Helmut Schelsky. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1979, 234 Seiten, öS 173,80.

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